KITE Award 2022
KITE-Award für Physikpraktikum im Wohnzimmer
Die Auszeichnung der ETH Zürich für besonders innovative Lehrprojekte geht dieses Jahr an einen Kurs, der Physikexperimente zu den Studierenden nach Hause brachte. Das Sieger-?Projekt setzte sich gegen 24 andere eingereichte Projekten durch.
05.05.2022 von Michael Walther
Physikexperimente mit einer Kartoffelchips-?Dose, an der ETH? ?Vieles, was wir uns nicht vorstellen konnten, ist in der Pandemie pl?tzlich m?glich geworden?, sagte Günther Dissertori, Rektor der ETH Zürich, bei der Verleihung des KITE Awards 2022. Mit dem Preis zeichnet die Konferenz des Lehrk?rpers der ETH Zürich alle zwei Jahre ein besonders innovatives Lehrprojekt aus. Dieses Jahr ging er an die Macher des Physikpraktikums für Bachelorstudierende.
Das Experiment mit der Dose war eines von vielen, die Andreas Eggenberger, Leiter des Praktikums, und sein Team im M?rz 2020 entwickelte, als die Labors geschlossen waren und die L?den nur noch Dinge des t?glichen Gebrauchs verkaufen durften. Mit der Dose, einem Spalt aus zwei Rasierklingen, einer CD und einem Handy massen die Studierenden zuhause die Wellenl?nge des Lichtes aus verschiedenen Quellen. In anderen Experimenten bestimmten sie mit einer Wasserflasche die Schallgeschwindigkeit oder überprüften mit Sonnenbrillen das Gesetz von Malus, welches die Intensit?t von Licht hinter einem Polarisationsfilter beschreibt.
Alle Experimente liessen sich auch zu Hause gefahrlos durchführen und auswerten und hatten meist gleichwertige oder sogar bessere Lerneffekte wie jene, die sie gew?hnlich im Labor durchführten. Das Projekt hat sich gegen 24 andere durchgesetzt, die sich alle um den KITE-?Award 2022 bewarben.
Selbstorganisiertes Experimentieren
Dass die Studierenden im Physikpraktikum 2020 zuhause alles selber planen, bauen und umsetzen mussten, habe den Kurs ver?ndert, sagt Eggenberger. ?Pl?tzlich war die Physik ganz nah bei den Studierenden und ihrem Alltag, das führte zu einem ganz anderen Engagement.? Gab es beim Aufbau eines Experiments Probleme, half das zugleich, diese tiefer zu verstehen.
Die neu entwickelten Experimente blieben deshalb in der Sammlung, als die Labore wieder ?ffneten. Die Dozierenden planen sogar, nach deren Vorbild neue, offener gestaltete Experimente zu schaffen. Bei diesen wollen sie die traditionellen, gebrauchsfertigen Versuchsaufbauten durch eine werkstatt?hnliche Sammlung von Ger?ten und Werkzeugen ersetzen, mit denen die Studierenden selber einen experimentellen Ansatz entwickeln müssen.
Dass der Kurs ohne komplizierte Technologie auskomme, zeichne ihn weiter aus, sagt Ulrike Lohmann, sie ist Pr?sidentin der Konferenz des Lehrk?rpers, die den Preis alle zwei Jahre vergibt. ?Je einfacher die Materialien, desto besser lassen sich die p?dagogischen und didaktischen Vorteile des Kurses auf andere F?cher und 必博官网,必博体育 anwenden. Kurse wie diese k?nnen die Entwicklung der Lehre an der ETH nachhaltig beeinflussen.? Das Potenzial dazu haben auch die beiden weiteren Projekte, die es in den Final des KITE Award geschafft hatten.
?ben in der virtuellen Fabrik
In der Zeit, in der es ausschliesslich Zoom-?Vorlesungen gab, entwickelte ETH-?Professor Torbj?rn Netland gemeinsam mit seinem Team ein neues Online-?Konzept für seinen Einführungskurs ?Production and Operations Management?. In 44 fünf-? bis zehnminütigen Erkl?rvideos erkl?rten Netland und sein Team die wichtigsten Konzepte und Prinzipien im Produktionsmanagement. ?Unser Ziel war es, informative, unterhaltsame und abwechslungsreiche Videos zu erstellen, auf die sich die Studierenden freuen?, sagt Netland. Dafür zeichneten er und sein Team kurze Vortr?ge auf und kombinierten sie mit eingeblendeten Fragen, audiovisuellen Elementen und einer geh?rigen Portion Humor.
Dazu kamen virtuelle Besuche in Fabriken und Produktionsanlagen. Netland und sein Team produzierten die VR-?Inhalte dafür selbst. Mit günstigen VR-?Brillen und einem Smartphone oder Computer besuchten die Studierenden reale Fabriken der Firma Hilti. Sie bewegten sich virtuell durch die Produktionshallen und l?sten an unterschiedlichen Stationen realistische Produktionsprobleme. Wie in einem Computerspiel erhielten sie dafür Punkte.
Quadrocoptern das autonome Fliegen beibringen
Im Kurs ?Quad-?Rotors: Control and Estimation? von ETH-?Professor John Lygeros k?nnen Bachelorstudierende in Elektrotechnik und Informationstechnologie ihr theoretisches Wissen über Steuerungssysteme im Labor anwenden und vertiefen. Die Aufgabe: In einem kleinen Team ein eigenes Steuerungssystem entwickeln, das kleine Quadrocopter autonome Flugman?ver ausführen l?sst.
Im Lockdown haben Jeremy Coulson und Paul Beuchat kurzerhand die Hardware der Quadrocopter angepasst, eine neue Software entwickelt und Online-?Lehrmittel eingesetzt, um Teamarbeit und ?berwachung aus der Ferne zu erm?glichen. Sie haben den Studierenden ein Paket mit einem angepassten Quadrocopter und der neu entwickelten Plug-?and-Play-Software zugestellt. Damit hatten sie die Hardware, um Experimente bei sich zu Hause durchzuführen. ?Gleichzeitig ging es uns aber darum, eine Atmosph?re zu schaffen, in der die Studierenden effektiv in Teams arbeiten, zudem wollten wir den Studierenden auch ein zeitnahes Feedback geben k?nnen?, sagt Paul Beuchat. Dafür verwendeten sie die Breakout-?Sessions von Zoom.
Neue Innovation in Learning and Teaching Fair
Die Preisverleihung fand im Rahmen der ersten Innovation in Learning and Teaching Fair am 4. Mai statt. Dieser neue Anlass vereint zwei bisherige: die Learning and Teaching Fair, bei der sich ETH-?Dozierende bei einer grossen Ausstellung in der Haupthalle über innovative Lehrprojekte und -?ideen austauschten mit der Verleihung des KITE Award.
Der KITE Award zeichnet Lehrprojekte aus, die zugleich wirksam und nachhaltig sind, also die Kompetenzen nachhaltig festigen. Sie sollen sich aber auch potenziell auf andere F?cher und Gebiete übertragen lassen. Speziell in diesem Jahr war die zus?tzliche Bedingung, dass alle Projekte in den Semestern des Fernunterrichts w?hrend der Pandemie entstanden sind.
teachingfair.ethz.ch