Bahnstörungen besser beherrschen

Pendlerinnen und Pendler wissen das nur zu gut: als Folge der hohen Netzauslastung h?ufen sich Zwischenf?lle und Versp?tungen im Bahnverkehr. ETH-Doktorand Steffen Schranil entwickelte ein Verfahren, mit dem sich die Dauer von St?rungen frühzeitig und zuverl?ssig voraussagen l?sst.

Vergr?sserte Ansicht: Bild: SBB CFF FFS
Im stark befahrenen Bahnnetz der Schweiz bringen bereits kleine Pannen den Fahrplan durcheinander. (Bild: SBB CFF FFS)

Die Züge der Schweizerischen Bundesbahnen verkehrten im vergangenen Jahr h?ufig versp?tet. Der dichte Fahrplan und die hohe Auslastung der Strecken lassen nur wenig Fahrzeitreserven zu. So ger?t der Fahrplan bereits wegen kleinen Pannen oder Baustellen aus dem Takt – mit negativen Folgen für die Kunden. ?St?rungen im Bahnverkehr lassen sich kaum vollst?ndig vermeiden, aber man kann sie besser meistern?, sagt Steffen Schranil, Verkehrsingenieur und bis vor kurzen Doktorand am Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich. In seiner Dissertation hat sich Schranil mit der Frage besch?ftig, ob und wie es m?glich ist, Bahnst?rungen früh und zuverl?ssig zu charakterisieren – so zuverl?ssig, dass man Aussagen über die voraussichtliche St?rungsdauer machen kann.

Berechenbare Bahn

Die meisten St?rungen im Bahnbetrieb sind wiederkehrende Ereignisse von beschr?nkter Wirkung und Dauer, etwa klemmende Türen oder besch?digte Fahrleitungen. Schwerwiegende und langandauernde Vorf?lle wie Zugsentgleisungen sind hingegen relativ selten. ?Das ist nicht nur die Grundvoraussetzung für einen stabilen Bahnbetrieb – es erlaubt uns auch, Bahnst?rungen besser zu beherrschen?, erkl?rt der Verkehrsingenieur. Daher sind auch St?rungsprognosen grunds?tzlich m?glich.

Schranils Verfahren beruht auf einer statistischen Analyse von vergangenen St?rf?llen und den Prozessen zu deren Behebung. Die Daten stellten unter anderem die SBB, die Deutsche Bahn und einige Stadtbahnen zur Verfügung. Um St?rungen in den verschiedenen Bahnsystemen überhaupt vergleichen zu k?nnen, brachte der Forscher als erstes Ordnung in die Begriffswelt. Grunds?tzlich gibt es zwei Klassen von St?rf?llen: technische St?rungen und betriebliche St?rungen. Ausgefallene Klimaanlagen, fehlerhafte Triebfahrzeuge oder die berüchtigten Stellwerkst?rungen sind Beispiele von technischen St?rungen. Diese k?nnen sich auf den Fahrplan auswirken und zu Verz?gerungen oder Anschlussbrüchen im Bahnverkehr führen: Solche Abweichungen vom Fahrplan werden dann betriebliche St?rungen genannt. Betriebliche St?rungen k?nnen aber auch ohne technische Ursache auftreten, zum Beispiel wenn eine Reisegruppe einen abfahrbereiten Zug blockiert.

Pr?zise Prognosen

Anhand dieser Abgrenzung klassifizierte Schranil zahlreiche technische und betriebliche St?rf?lle nach ihrer Art und Dauer und suchte statistische Muster. Dazu analysierte er die zeitlichen Folgen verschiedener St?rungen einschliesslich der Massnahmen und Prozesse, die notwendig waren, um die Vorf?lle zu beheben. Sein Ziel: für jedes Ereignis Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, mit denen es eine gewisse Dauer über- oder unterschreitet. M?glich sind nun Aussagen wie: 80 Prozent aller Triebfahrzeugst?rungen dauern maximal 15 Minuten. Konkrete Informationen zu einer akuten St?rung – etwa über die Ursache oder die genaue Lage vor Ort – fliessen ebenfalls in den Prognoseprozess ein, um die Genauigkeit zu erh?hen. So kann man sowohl die Dauer von technischen St?rungen als auch die zeitlichen Folgen für den Bahnbetrieb noch genauer absch?tzen.

Gezielte Kundeninformation

Solche Voraussagen nützen nicht nur den Mitarbeitern, die die St?rungen rasch m?glichst beheben sollen, sondern auch den Fahrg?sten. ?Insbesondere am Anfang von St?rungen ist die Unsicherheit oft gross. Bahnen kommunizieren dann tendenziell zu wenig und zu ungenau. Hier besteht Verbesserungspotenzial?, sagt Schranil. Sein Fernziel ist, dass ein Fahrgast künftig nur jene Informationen bekommt, die ihn interessieren – n?mlich Verz?gerungen, Fahrplan?nderungen oder Anschlussbrüche, die seine Reiseverbindungen betreffen.

Laut Schranil, der seit Sp?therbst 2013 für die SBB arbeitet, ist vorgesehen, dass die Bahn seine St?rungsprognose künftig anwenden wird. Eine praktische Umsetzung w?re, das Verfahren in die bestehenden Bahnführungsinstrumente einzubinden. Der definitive Entscheid sei aber noch nicht gef?llt. Dennoch: Für Schweizer Zugreisende stehen die Chancen gut, dereinst von pr?ziseren St?rungsprognosen profitieren zu k?nnen.

Literaturhinweis

Steffen Schranil: Prognose der Dauer von St?rungen des Bahnbetriebs. Schriftenreihe Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT) ETH Zürich, Nr. 164

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