Spielerisch Forschen: Experiment mit brasilianischen Rinderfarmern

Künftig fliesst viel Geld in den Schutz der tropischen W?lder. Doch wie man aus ?viel Geld? m?glichst unberührte W?lder macht, ist noch unklar. Um besser zu verstehen, wie man effizient für Waldschutz bezahlen kann, haben wir verschiedene Modalit?ten ausprobiert: Mit einem Computerspiel in Brasilien.

Vergr?sserte Ansicht: Screenshot des Rinderfarm-Spiels
Screenshot des Rinderfarm-Computerspiels (Bild: Tim Reutemann / ETH Zürich)

Die Rodung des Amazonas zu erforschen ist eine methodische Herausforderung. Die klassischen wissenschaftlichen Standards verlangen Wiederholbarkeit und empirische ?berprüfung der Ergebnisse. Wie auch in der Klimamodellierung sind diese Standards für mich schwierig zu erreichen. Es gibt nur einen Amazonas, und es kostet Milliarden und dauert Jahrzehnte, seinen Schutz zu gew?hrleisten. Daher ist methodische Innovation essentiell.

Modellieren mit Spiel

Ausgel?st durch die provokanten Ergebnisse der Verhaltenswissenschaften und die von den meisten ?konomen unerwartete Finanzkrise, haben sich in den letzten Jahren eine grosse Anzahl neuer Forschungsans?tze entwickelt. Um die Frage nach den Zahlungsmodalit?ten für Waldbesitzer zu beantworten, haben wir eine dieser Methoden weiterentwickelt: Das Computerspiel als Modell.

Gemeinsam mit Danilo Wanner, einem Interaction Designer an der FHNW Basel, haben wir das Spiel entwickelt. Es simuliert die Entscheidungssituation eines typischen Rinderfarmers im brasilianischen Bundesstaat Tocantins. Der Spieler kann Kühe kaufen und verkaufen, seine Weide degradiert mit der Zeit, er kann W?lder abholzen für neues Weideland oder seine existierende Weide intensivieren. Und: Im Spiel k?nnen wir auch verschiedene Zahlungsmodalit?ten für den Waldschutz einführen.

Die richtigen Spieler

Vergr?sserte Ansicht: Brasilianische Studenten spielen das Rinderfarm-Spiel
Studenten spielen das Rinderfarm-Spiel in Tocantins, Brasilien. (Bild: Tim Reutemann / ETH Zürich)

Um kulturelle Eigenheiten in unserem Model zu erfassen, haben wird das Spiel vor Ort gespielt. Unser Computer-Labor dafür passt bequem in einen Trecking-Rucksack, dank super leichten Tablet Computern. Mit logistischer Unterstützung durch unsere brasilianische Partner-NGO Instituto Ecológica konnten wir das Spiel innert zwei Monaten mit mehr als 350 Personen in Tocantins spielen. Zugelassen waren Rinderfarmer, deren Familienmitglieder sowie Studenten an der landwirtschaftlichen Fakult?t.

Die Zuteilung zu verschiedenen Zahlungsmodalit?ten erfolgte dabei v?llig zuf?llig, damit wir uns weitgehend sicher sein k?nnen, dass die Unterschiede im Verhalten nur an den unterschiedlichen Zahlungstypen liegen. Obwohl wir die Preise und Parameter im Spiel so nah wie m?glich an der Realit?t gehalten haben, sollte man keine genauen quantitativen Schlüsse ziehen – aber welcher Zahlungstyp besser funktioniert, ist dennoch klar ersichtlich.

Erste Resultate

Anstelle einer statistischen Auswertung illustriere ich hier die Ergebnisse lieber anhand von drei Screenshots aus dem Spiel:

Vergr?sserte Ansicht: Screenshots des Rinderfarm-Spiels
Ausmass der Abholzung bei verschiedenen Zahlungstypen: Zahlung pro Hektare (oben), CO2-Berechnung (Mitte), keine Zahlung (unten). (Illustration: ETH Zürich)

Beim ersten Zahlungstyp (oberes Bild) erhalten die Bauern pro Hektar Wald einen fixen Betrag pro Jahr. Varianten von diesem Typ von Zahlungen existieren bereits in einigen L?ndern wie Costa Rica und Ecuador.

Im Gegensatz dazu wird im zweiten Zahlungstyp (mittleres Bild) eine eher komplizierte Rechnung über die CO2-Einsparung gemacht – besonders wichtig ist dabei, dass die Zahlung in den folgenden Jahren vollst?ndig entf?llt, wenn abgeholzt wird. Sp?ter wird die Zahlung ohne langfristige Strafe fortgesetzt. Dieser Grund-Typus von Zahlung wird in den Pilot-Projekten für den Waldschutz mit REDD+ verwendet, wobei jedoch noch sehr viele Unklarheiten über die Detaiils existieren. Das untere Bild zeigt, wo das Spiel ganz ohne Zahlungen hinführt.

Die Bilder sprechen für sich: Der zweite Zahlungstyp ist lokal am effektivsten, ohne dass dabei mehr Subventionen entrichtet wurden. Ein weiteres wichtiges Resultat aus dem Experiment ist negativer Natur: Ob der Preis schwankt oder fixiert ist, hat keinen signifikante Einfluss auf das Resultat. Die theoretische Literatur zu dem Thema hat sich bisher zu einem grossen Teil mit der Preissetzung besch?ftigt, aber weniger mit den Bedingungen der Zahlung. Hier besteht wohl Aufholbedarf.

Weiterführende Information

Das Rinderfarm-Spiel ist nun online zug?nglich und als Open-Source-Code zum Weiterforschen verfügbar.

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