Eisendüngung kühlt Eiszeitklima
Mit einer neuen Studie stärken Geologen eine Hypothese, die vor 25 Jahren aufgestellt wurde. Die Wissenschaftler zeigen, dass die konstante Eisendüngung des subpolaren Südozeans während der letzten Eiszeit dem Plankton zu einer Blüte verhalf. Dadurch dürfte sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre verringert haben.
Eisen ist in einigen n?hrstoffreichen Ozeanen ein Mangelelement. Insbesondere im Südlichen Ozean rund um die Antarktis und in einigen Teilen des Pazifiks w?ren an sich genügend Nitrat und Phosphat im Wasser gel?st. Für ein ausgepr?gtes Wachstum von Algen und anderem Phytoplankton fehlt heutzutage jedoch das lebenswichtige Eisen.
Das war nicht immer so. In der letzten Eiszeit erlebte der Südliche Ozean eine Algenblüte – m?glicherweise dank einer verst?rkten Eisenzufuhr. Mit starken Winden wurde damals permanent Staub von der Südspitze Südamerikas in dieses Meer verfrachtet. Das im Staub vorhandene Eisen begünstigte das Algenwachstum, was der Atmosph?re Kohlendioxid entzogen haben dürfte: Die Algen bauten den Kohlenstoff in die Pflanzenmasse ein. Starben die Organismen ab, sanken sie auf den Meeresgrund, wo der Kohlenstoff schliesslich abgelagert wurde.
Umstrittene Hypothese gestützt
Diesen Mechanismus beschrieb Ende der 1980er der Ozeanograph John H. Martin in seiner ?Eisenhypothese?. Diese war jedoch umstritten, nicht nur wegen ihrer ?praktischen? Umsetzung – einige Forscher schlugen vor, Teile des Pazifiks als Massnahme gegen den Klimawandel mit Eisen zu düngen, um der Atmosph?re CO2 zu entziehen – sondern auch, weil andere Forscher Hinweise fanden, die dafür sprachen, dass die Produktivit?t des Südpolarmeers w?hrend den Eiszeiten sogar kleiner als heute gewesen sein soll. Sie stützten ihre Aussagen auf der Analyse der Verh?ltnisse bestimmter Isotopen, die sie aus Diatomeen isolierten und bestimmten.
Einem Forschungsteam unter der Leitung der ETH Zürich und der Princeton University mit Beteiligung weiterer Universit?ten ist es nun aber gelungen, Puzzleteile zu finden, die die Eisenhypothese festigen. In einer Studie, die soeben in der Fachzeitschrift ?Science? erschienen ist, zeigen sie auf, dass w?hrend der letzten Eiszeit tats?chlich massiv mehr Staub und damit Eisen vom Südzipfel Südamerikas in den Südlichen Ozean verfrachtet wurde als heute.
Isotopen geben über Algenwachstum Auskunft
Um die Eisenhypothese zu überprüfen, rekonstruierte die Forschungsgruppe anhand von Sedimentbohrkernen aus dem subpolaren Südozean das eiszeitliche Algenwachstum. Darüber hinaus analysierten die Wissenschaftler auch die damit einhergehenden Ver?nderungen im Stickstoff- und Kohlenstoffkreislauf, denn diese ver?ndern sich bei starkem Planktonwachstum markant.
Ob und wie stark diese N?hrstoffe w?hrend der letzten Eiszeit durch die biologische Produktivit?t an der Wasseroberfl?che aufbraucht wurden, konnten die Wissenschaftler anhand von Stickstoffisotopen an einzelligen Mikroorganismen, sogenannter Foraminiferen, feststellen. Diese bauen das Stickstoff-Isotopenverh?ltnis im Gleichgewicht mit den damaligen Umweltbedingungen in ihr Skelett ein. Die fossilen ?berreste dieser Kleinstlebewesen lassen sich aus Sedimentbohrkernen gewinnen. Für ihre Studie verwendeten die Forschenden eine neue Analysetechnik, die an der Princeton University entwickelt wurde. Diese erlaubte es, die Zusammensetzung der Stickstoffisotope in kleinsten Sedimentmengen zu bestimmen.
Die Analysen zeigten den Forschenden eindeutig, dass die eiszeitliche Zunahme des Staubeintrags und des Algenwachstums mit einem st?rkeren Verbrauch von N?hrstoffen zusammenh?ngt. ?Dies spricht für die Eisenhypothese und gegen andere Erkl?rungsmodelle?, sagt Erstautor Alfredo Martinez-García, Postdoc in der Gruppe von ETH-Professor Gerald Haug. ?ber zwei Jahrzehnte nach John Martins vision?rer Studie h?tten sie nun weitere Indizien zusammentragen k?nnen, die die Eisenhypothese stützten.
Künstliche Eisendüngung nicht machbar
Die Best?tigung der Eisenhypothese unterstreicht überdies auch den grossen Effekt einer Algenblüte auf den CO2-Gehalt der Atmosph?re: Die Eisendüngung sei ein grundlegender Rückkoppelungsmechanismus, mit dem die Forschung nun erkl?ren k?nne, weshalb die CO2-Konzentration der Atmosph?re w?hrend der Eiszeiten ein Minimum erreichte, sagt Martinez-García.
Diese Studie liefert auch eine neue Grundlage für die Debatte darüber, ob die CO2-Konzentration mithilfe einer künstlichen Eisendüngung von n?hrstoffreichen aber eisenarmen Ozeanen gesenkt und damit der Klimawandel gebremst werden kann. ?Unsere Daten zeigen auf, dass eine kontinuierliche Eisendüngung von grossen Ozeangebieten eine abwegige Idee ist, um die CO2-Konzentration in der Atmosph?re zu senken. Sie ist in der Eiszeit zwar natürlicherweise vorgekommen, aber in einem ganz anderen Massstab und unter anderen ozeanographischen Rahmenbedingungen?, so Gerald Haug. ?Diesen Vorgang künstlich nachzustellen, ist allerdings weder technisch machbar noch sinnvoll, da er enorme Risiken für das ?kologische Gleichgewicht der Ozeane birgt und rein quantitativ keine L?sung für das menschgemachte CO2-Problem darstellt.?
Im Laufe der letzten Eiszeit sank die CO2-Konzentration in der Atmosph?re dank natürlicher Eisendüngung im Laufe von Jahrhunderten um 40 ppm (parts per million). Zurzeit steigt die CO2-Konzentration menschgemacht allerdings viel schneller: um zwei ppm pro Jahr. Der Effekt einer künstlichen Eisendüngung würde demnach nicht lange anhalten. Selbst wenn man eine Fl?che im subpolaren Südozean von der dreifachen Gr?sse der USA mit dem Spurenelement düngen würde, würde man die Klimaerw?rmung lediglich um maximal 20 Jahre verz?gern. Tats?chlich w?re der Effekt aufgrund einer heute grundlegend andersartigen Ozeanzirkulation im polaren Südozean deutlich geringer als w?hrend der letzten Eiszeit.
Literaturhinweis
Martínez-García A, Sigman DM, Ren H, Anderson RF, Straub M, Hodell DA, Jaccard SL, Eglington TI, Haug GH: Iron fertilization of the subantarctic ocean during the last Ice Age. Science 21 March 2014: Vol. 343 no. 6177 pp. 1347-1350. DOI: externe Seite 10.1126/science.1246848