Stroh-Albedo mildert Hitzeextreme

Weizenfelder werden oft gleich nach der Ernte umgepfl¨¹gt. Dadurch verschwinden die hellen Stoppeln und Erntereste von der Oberfl?che, nackte dunkle Erde gelangt nach oben. In Europa ist Umpfl¨¹gen nach der Ernte eine weit verbreitete und ¨¹bliche Bewirtschaftungsmethode. So bearbeitete Felder k?nnen sich aber w?hrend Hitzewellen nachteilig auf das lokale Klima auswirken. Das zeigen Forscher der ETH Z¨¹rich um Edouard Davin, Oberassistent am Institut f¨¹r Atmosph?re und Klima, und Sonia Seneviratne, Professorin f¨¹r Land-Klima-Dynamik, in einer neuen Studie in der Fachzeitschrift PNAS.

Ungepfl¨¹gte Stoppelfelder sind heller und reflektieren mehr Strahlung als beackerte: Messungen zeigen, dass etwa 30 Prozent der Sonneneinstrahlung dank des sogenannten Albedo-Effektes zur¨¹ckgeworfen wird. Die Albedo ist ein Mass f¨¹r das R¨¹ckstrahlungsverm?gen von reflektierenden Oberfl?chen. Bearbeitete ?cker hingegen reflektieren nur 20 Prozent der solaren Einstrahlung. Modellsimulationen zeigen, dass dieser gering erscheinende Unterschied die R¨¹ckstrahlung von ungepfl¨¹gten Feldern um 50 Prozent vergr?ssert und sich auf Extremtemperaturen markant auswirkt: Bei extremer Hitze, wie sie 2003 Europa heimsuchte, senkten unbearbeitete Felder die lokale Temperatur um bis zu zwei Grad.

Regionaler Effekt

Je heisser es wird, desto kr?ftiger wirkt der Albedo-Effekt und desto st?rker ist die K¨¹hlung. ?Der Effekt ist deshalb w?hrend Hitzewellen st?rker, weil in solchen Phasen kaum Wolken vorhanden sind, sodass mehr Strahlung ins All zur¨¹ckgeworfen wird?, sagt Erstautor Davin. Der K¨¹hleffekt wirkt allerdings nur kurzfristig und lokal, allenfalls regional, nicht aber ¨¹berregional.

?W¨¹rden s?mtliche franz?sischen Bauern ihre Felder im Sommer nicht mehr umpfl¨¹gen, w¨¹rde dies in Deutschland wenig Auswirkung haben?, erg?nzt Seneviratne. Auch langfristig d¨¹rfte dieser Mechanismus den Trend zum w?rmeren Klima und damit h?ufigeren Hitzewellen nicht merklich beeinflussen. Dennoch sei der lokale Beitrag wichtig, findet die ETH-Professorin. Insbesondere k?nne dies dazu beitragen, Temperaturspitzen zu brechen. Die Forscherin r?umt allerdings ein, dass der Effekt von nicht beackerten Feldern ¨¹berwiegend in Regionen spielt, in denen es im Sommer sehr heiss wird, etwa im Mittelmeergebiet, weil die Sonneneinstrahlung dort besonders hoch ist. An Hitzetagen kann der Effekt aber auch in Nord- und Mitteleuropa relevant werden.

F¨¹r die Studie, eine Zusammenarbeit der ETH-Forscher mit franz?sischen Kollegen, analysierte Davin Strahlungsmessdaten von Ackerland in der n?he der s¨¹dfranz?sischen Stadt Avignon. Ausserdem haben die Forscher Modellsimulationen f¨¹r Europa durchgef¨¹hrt, in denen sie die Effekte von nicht gepfl¨¹gten B?den einbauten.

Die k¨¹hlende Wirkung eines unbearbeiteten Feldes f¨¹hren die Forscher aber nicht nur auf den Albedo-Effekt zur¨¹ck. Die Ernteresten wirken auch als Isolationsschicht, welche die Feuchtigkeit in den tieferen Bodenschichten zur¨¹ckbeh?lt und nur langsam entl?sst. Dies tr?gt ebenfalls dazu bei, die Lufttemperatur w?hrend einer Hitzewelle zu senken. In einem gepfl¨¹gten Feld hingegen verdunstet das Bodenwasser rascher und bei Hitzewellen fast vollst?ndig.

In Amerika ist Nicht-Pfl¨¹gen ¨¹blich

Die Forscher halten das Nicht-Pfl¨¹gen f¨¹r eine brauchbare Variante, um lokal die Folgen des Klimawandels ¨C wie vermehrt extrem heisse Sommertage ¨C zu mildern. ?Es wird zunehmend wichtiger, dass wir die Ackerland-Albedo ausnutzen, um Hitzewellen zu d?mpfen. Obwohl solche Ereignisse selten auftreten, haben sie massive ?kologische und gesundheitliche Folgen?, sagt Seneviratne. Die Forscher bef¨¹rchten, dass mit dem Klimawandel Hitzewellen h?ufiger werden. Obschon der mittlere globale Temperaturanstieg in den vergangenen Jahren stagnierte, nahm die Zahl an Hitzeextremen ¨¹ber Landgebieten weiter zu, wie die ETH-Professorin k¨¹rzlich in einer Publikation in Nature Climate Change aufzeigte.

Insbesondere in Europa besteht gen¨¹gend Potenzial, um mithilfe nicht bearbeiteter Felder die hohen Temperaturen an Hitzetagen zu d?mpfen. Bis anhin verzichten die Bauern nur bei einem verschwindend kleinen Anteil der Felder auf das Pfl¨¹gen nach der Ernte. Der europ?ische Anteil an weltweit nicht gepfl¨¹gten Anbaufl?chen betr?gt nur zwei Prozent. In den USA und S¨¹damerika ist es anders: Dort liegen 85 Prozent der weltweiten nicht gepfl¨¹gten Ackerfl?chen.