Ausgezeichnete Krebsforscherin

Die Pharmazeutin Cristina Müller erh?lt den Ruzicka-Preis, eine der bedeutendsten Schweizer Auszeichnungen für junge Forschende der Chemie. Sie arbeitet an einer Methode, Krebs direkt im K?rperinnern radioaktiv zu bestrahlen.

Vergr?sserte Ansicht: Cristina Müller
Cristina Müller erh?lt den renommierten Ruzicka-Preis für Nachwuchsforschende in der Chemie. (Bild: zvg)

Der Ruzicka-Preis geht 2014 an Cristina Müller. Sie ist Forschungsgruppenleiterin am Zentrum für Radiopharmazeutische Wissenschaften von ETH Zürich, Paul-Scherrer-Institut (PSI) und Universit?tsspital Zürich. Seitdem sie vor bald 15 Jahren als ETH-Pharmaziestudentin w?hrend ihrer Diplomarbeit erstmals mit der radiopharmazeutischen Diagnostik und Therapie von Krebs in Verbindung gekommen ist, forscht sie auf diesem Gebiet.

Dabei geht es um die Entwicklung und den Einsatz von radioaktiv markierten Molekülen, die spezifisch an Krebszellen binden. Solche Stoffe werden einerseits für die medizinische Bildgebung entwickelt, damit ?rzte mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) untersuchen k?nnen, wo sich das Krebsgewebe im K?rper befindet, und ob sich bereits Ablegergeschwülste (Metastasen) gebildet haben. Andererseits ist es auch das Ziel, derartige Moleküle für therapeutische Zwecke zu verwenden, um im K?rper Krebsgewebe mittels radioaktiver Strahlung punktgenau zu sch?digen.

Wertsch?tzung für Person und Fachgebiet

Die 39-j?hrige Pharmazeutin forscht haupts?chlich am PSI in Villigen, ist aber auch an der ETH t?tig, wo sie als Dozentin unterrichtet. ?ber ihre jüngste Auszeichnung freut sie sich sehr, wie sie sagt. ?Der Ruzicka-Preis ist für mich eine grosse Wertsch?tzung für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren. Und ich freue mich auch, dass unser Forschungsgebiet durch die Verleihung dieses Preises mehr Aufmerksamkeit erh?lt?, so die Forscherin. Denn dass man Krebs durch radioaktive Strahlung von aussen behandeln k?nne, sei gemeinhin bekannt. Dass es hingegen auch vielversprechende Ans?tze gebe, Krebs direkt an Ort und Stelle im K?rperinnern zu bestrahlen, dürfte in der ?ffentlichkeit weniger bekannt sein.

Die Wissenschaftlerin erh?lt den Preis für ihre Arbeit in den vergangenen Jahren zur Entwicklung eines Molekülkomplexes, der nach dem sogenannten ?Matched-Pair?-Prinzip konzipiert ist und dereinst sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie bestimmter Krebsarten verwendet werden soll. Der von Müller und ihren Kollegen entwickelte Komplex besteht aus mehreren miteinander verbundenen Teilen. Bei einem Teil handelt es sich um Fols?ure, bei einem zweiten um ein radioaktives Metallatom (genauer: Radionuklid). Der Molekülkomplex bindet an Krebszellen, welche den Fols?ure-Rezeptor verst?rkt bilden. Das sind vor allem gyn?kologische Krebsarten sowie Lungenkrebs.

?hnliches Molekül für Diagnose und Therapie

Das Spezielle am Matched-Pair-Prinzip ist, dass die beiden für Diagnostik und Therapie verwendeten Molekülkomplexe chemisch identisch sind. Als Radiometall verwendeten Müller und ihre Kollegen für beide Molekülkomplexe das Element Scandium. Die beiden Komplexe unterscheiden sich lediglich in der Masse des verwendeten Scandium-Nuklids.

Für die PET-Diagnostik kommt das Nuklid Scandium-44 zum Einsatz. Es sendet beim radioaktiven Zerfall sogenannte Positronen-Strahlung aus, welche das Gewebe durchdringt und intakt l?sst und somit für die Bildgebung verwendet werden kann. Für die Therapie verwendet Müller Scandium-47, das Beta-Strahlung emittiert. Diese hat eine kurze Reichweite, gibt jedoch eine hohe Energie ab und vermag so das Gewebe in n?chster N?he zu sch?digen. ?Ein wichtiger Vorteil des Matched-Pair-Prinzips ist, dass ?rzte vor der Therapie mit einer chemisch identischen Verbindung testen k?nnen, wie sie sich im K?rper verteilt, und ob sie sich wie gewünscht im Tumor anreichert?, so Müller. Derzeit erproben sie und ihre Kollegen sowohl Diagnostik als auch Therapie an Tumor-tragenden M?usen. Bevor die Substanzen beim Menschen zum Einsatz kommen k?nnen, sind laut der Forscherin noch weitere Optimierungsschritte notwendig.

Ziel: Einsatz in der Medizin

Weil Untersuchungen mit Abk?mmlingen des Fols?ure-Moleküls in M?usen ergeben haben, dass sie sich nicht nur in Tumoren, sondern auch in den Nieren anreichern, optimierte Müller den Komplex und erweiterte ihn um eine dritte Komponente, welche reversibel an das Bluteiweiss Albumin bindet. Experimente zeigten, dass dieser Komplex nach einer Injektion in den K?rper l?nger im Blutkreislauf verweilt und den Tumor h?ufiger passiert. Dadurch reichert er sich vermehrt im Tumorgewebe der M?use an und weniger stark in den Nieren.

Cristina Müller mag besonders den interdisziplin?ren Aspekt ihres Forschungsgebietes. Am Zentrum für Radiopharmazeutische Wissenschaften arbeiten Chemiker, Radiochemiker, Pharmazeuten, Biologen und Biochemiker eng zusammen. Zudem haben in diesem Projekt auch Physiker mitgearbeitet. Gemeinsam mit ihren Kollegen optimiert Müller derzeit die radiopharmazeutischen Fols?ure-Moleküle weiter. Denn ihr Ziel ist deren Einsatz in der Medizin. Ausserdem arbeitet Müller mit ihrer Gruppe daran, nach demselben Prinzip eine Substanz für die Diagnose und die Therapie von Prostatakrebs zu entwickeln.

Ruzicka-Preis

Seit 1957 wird der Preis, der nach Nobelpreistr?ger Leopold Ruzicka benannt ist, an junge Forschende vergeben, die Herausragendes auf dem Gebiet der Chemie ver?ffentlicht haben. Der Ruzicka-Preis wird durch Gelder aus der schweizerischen chemischen Industrie erm?glicht und ist neben dem Werner-Preis der bedeutendste Schweizer Preis für Nachwuchsf?rderung in der Chemie. Das jeweilige Kuratorium hat seit der ersten Vergabe im Jahr 1957 etliche Talente entdeckt: Auf der Liste der Preistr?ger stehen Namen wie Richard Ernst (Magnetische Resonanz, Nobelpreis 1991) und Charles Weissmann (Prionenforschung, Robert-Koch-Medaille 1995).

Vergr?sserte Ansicht: Preisverleihung
Preisverleihung: Roger Schibli, Leiter Zentrum für Radiopharmazeutische Wissenschaften, Donald Hilvert, Departementsvorsteher, Cristine Müller, Preistr?gerin, und Roland Siegwart, Vizepr?sident Forschung. (Bild: Barbara Brauckmann / ETH Zürich)

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