Zehn Prioritäten für Klimaschutz und Wirtschaftsentwicklung
Massnahmen zum Klimaschutz sind dringend notwendig, werden aber z?gerlich umgesetzt. Zu gross ist die Angst vor Wettbewerbsnachteilen und hohen Kosten. Eine Gruppe von Wirtschaftsexperten hat Massnahmen erarbeitet, die sich sofort umsetzen lassen und Emissionssenkungen wie auch eine bessere Wirtschaftsentwicklung erm?glichen.
?Better Growth, Better Climate? [1] lautet der Titel des neuen ?Stern-Berichts?, benannt nach dem ?konom Nicholas Stern. Der Professor an der London School of Economics leitete die Entstehung dieses Reports, an dem hochkar?tige Wirtschaftswissenschafter mitwirkten, unter anderem zwei Nobelpreistr?ger, Experten der Weltbank, der IEA und OECD, erfahrene Politiker und eine Vielzahl von Forschungsinstituten.
Aufbauend auf den Berichten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) haben die Autoren zehn schnell umsetzbare Massnahmen mit dem aus volkswirtschaftlicher Sicht besten Kosten-Nutzen-Verh?ltnis ausgew?hlt. Neben den Kosten einzelner Technologien bezogen die Experten unter anderem auch m?gliche Auswirkungen auf Arbeitspl?tze, Export- und Import-Abh?ngigkeiten, Gesundheitskosten und eventuelle Fehlinvestitionen mit ein.
Die zehn Massnahmen [2], welche der Stern-Bericht vorschl?gt, stammen aus den Bereichen St?dtebau, Land- und Forst-Wirtschaft und Energie, und beinhalten im wesentlichen bekannte Forderungen wie hohe, vorhersagbare CO2-Preise oder den Umstieg von Kohle zu erneuerbaren Energiequellen. Neu ist eine umfassende und vertiefte Kostenrechnung, für welche die Autoren Erfahrungen der letzten Jahre sowohl mit den neuen als auch mit den traditionellen Energien auswerteten.
Der Kohle-Ausstieg lohnt sich
Bezieht man zum Beispiel. die hohen Gesundheitskosten der Kohleverbrennung ein, die in China inzwischen bei extremen zehn Prozent des Bruttosozialprodukts liegen, sowie Betriebs-, Abschreibungs- und Finanzierungskosten, dann ist der Ausstieg aus der vermeintlich billigen Kohle innerhalb der n?chsten 20 Jahre mit einem finanziellen Gewinn verbunden.
Aus der Summe solcher Detailanalysen werden die Investitionskosten für alle zehn Massnahmen zusammen mit 90 Billionen Dollar etwa gleich hoch abgesch?tzt wie diejenigen, die ohnehin für Ersatz und Ausbau der Infrastruktur n?tig w?ren. Bei etwa gleichen Kosten k?nnen wir uns zwischen einem Einschwenken aufs 2-Grad-Ziel oder einer durch gef?hrliche Klimaver?nderungen bedrohten Entwicklung entscheiden. Diese Wahl haben wir jedoch nur noch für etwa 15 Jahre.
Goldene Zeiten für Innovationen
Ein ?Weiter wie bisher? kann es nach Ansicht der Autoren aber sowieso nicht geben. Der wirtschaftliche Aufstieg von 500 Millionen Menschen in den letzten Jahren war erst der Anfang einer zukünftigen noch viel dramatischeren Umw?lzung. Eine Milliarde Menschen werden in den n?chsten 15 Jahren in Millionenst?dte umsiedeln, der Energiebedarf wird um 20 bis 35 Prozent steigen, die Nahrungsproduktion um 2 Prozent pro Jahr. Vor allem werden Innovationen und neue Technologien die Wirtschaft tiefgreifend umgestalten. Die erneuerbaren Energien weisen ein mit der Informationstechnologie vergleichbares Innovationspotential auf, was sich zum Beispiel an ihrem ?knowledge-spillover“, also der Befruchtung benachbarter Forschungsgebiete und in Patentanalysen [3] zeigt.
Erneuerbare Energien, IT und Materialwissenschaften stimulieren sich gegenseitig und k?nnten zu einem Umbruch mit vergleichbarer Dramatik führen wie in der zweiten industriellen Revolution, der ?goldenen Zeit? anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Siegeszug von Elektrizit?t, Automobil, Flugzeug, Radio und Telefon.
Die Autoren verhehlen nicht, dass die Umsetzung der Massnahmen, die sich vor allem an die Politik wenden, grosse ?berzeugungsarbeit erfordern wird. Anl?sslich des Klimagipfels im September wurde der Bericht als Grundlage für die Pariser Klimaverhandlungen an Ban-Ki Moon übergeben.
Weiterführende Informationen
[1] Bericht ?externe Seite Better Growth, Better Climate?
[2] Global Action Plan: externe Seite Ten action areas for growth
[3] Knowledge spillovers from clean and dirty technologies: a patent citation analysis (externe Seite pdf)