Klimawandel führt nicht zu Winterextremen

K?ltewellen, wie sie im Osten der USA in den letzten Wintern auftraten, sind keine Folge des Klimawandels. Wissenschaftler der ETH Zürich und des California Institute of Technology zeigen, dass die Temperaturvariabilit?t unter der globalen Erw?rmung allgemein eher abnimmt.

Kältewelle Boston
Boston wurde in den letzten zwei Jahren von extremen K?ltewellen heimgesucht (Bild: iStock.com – mjbs).

Die letzten beiden Winter brachten bittere K?lte über den Osten der USA. ?ber mehrere Wochen fielen die Temperaturen weit unter den Gefrierpunkt, und auf dem Lake Michigan vor Chicago trieben Eisschollen. So niedrige Temperaturen waren in den letzten Jahren selten geworden. Bilder von vereisten und schneebedeckten St?dten gingen um die Welt und mit ihnen die Frage, ob der Klimawandel für diese Extremereignisse verantwortlich sei.

Ins Feld geführt wurde das Argument, dass sich die Arktis in den letzten Jahrzehnten st?rker als andere Regionen erw?rmt hat und dies den polaren Jetstream abgeschw?cht haben sollte. Der polare Jetstream ist ein Starkwindstrom in mehreren Kilometern H?he, der von den Temperaturunterschieden zwischen den heissen Tropen und den kalten Polarregionen angetrieben wird. Einer Hypothese nach soll ein schw?cherer Jetstream gr?ssere Wellen schlagen und so zu gr?sseren Temperaturausschwankungen in mittleren Breiten führen. Damit w?re die verst?rkte Erw?rmung der Arktis für die extremen K?ltewellen, wie sie im Osten der USA in den letzten Wintern auftraten, mitverantwortlich.

Spannbreite der Temperatur wird abnehmen

Wissenschaftler um Tapio Schneider, Professor für Klimadynamik der ETH Zürich, kommen zu einem anderen Schluss. Sie zeigen anhand von Simulationen und mit theoretischen Argumenten, dass die Spannbreite der Temperaturschwankungen an den meisten Orten abnehmen wird, wenn sich das Klima erw?rmt. Es wird also nicht h?ufiger, sondern seltener zu extrem niedrigen Temperaturen kommen. Das schreiben die Wissenschaftler der ETH Zürich und des California Institute of Technology in der aktuellen Ausgabe des Journal of Climate. Hinzukommt, dass kalte Tage künftig ohnehin seltener werden, weil sich das Klima erw?rmt.

Ausgangslage der Arbeit war, dass sich die h?heren Breiten tats?chlich schneller erw?rmen als die tieferen, und deshalb der Temperaturunterschied zwischen ?quator und Pol abnimmt. Stellt man sich nun vor, dass es diesen Temperaturunterschied überhaupt nicht mehr g?be, dann würde das bedeuten, dass auch die Luftmassen die gleiche Temperatur h?tten, egal ob sie von Süden oder von Norden str?men. Es g?be theoretisch keine Temperaturvariabilit?t mehr. Ein solcher Extremfall wird nicht eintreffen, erkl?rt aber den theoretischen Ansatz der Wissenschaftler.

Extreme werden seltener

Mit einem stark vereinfachten Klimamodell untersuchten sie verschiedene Wetterszenarien und überprüften so die Theorie. Es zeigte sich, dass die Temperaturvariabilit?t in mittleren Breiten und somit auch in Nordamerika tats?chlich sinkt, je weniger sich die Temperaturen von Pol und ?quator unterscheiden. Auch die Simulationen mit den Klimamodellen des Weltklimarats IPCC zeigten ?hnliche Resultate: In den mittleren Breiten nehmen die Temperaturunterschiede und mit ihnen die Temperaturvariabilit?t ab, ganz besonders im Winter.

Die Extreme werden also seltener, wenn sich die Varianz verringert. Das bedeutet aber nicht, dass es künftig zu gar keinen Temperaturextremen kommt. ?Ausserdem wird es in Zukunft trotz der geringeren Temperaturvarianz zu mehr extrem warmen Perioden kommen, denn die Erde wird sich mit dem Klimawandel grunds?tzlich erw?rmen?, erkl?rt Schneider. Die Wissenschaftler beschr?nkten sich in ihrer Arbeit auf die Entwicklung der Temperatur. Für andere extreme Ereignisse wie Stürme oder heftige Regen- und Schneef?lle k?nnen die ETH-Forscher daher keine Entwarnung geben.

Nord-Süd-Verschiebung macht den Unterschied

Und der Jetstream? Der Klimawissenschaftler winkt ab. ?Die Auslenkungen des Jetstreams ?ndern sich wenig.? Vielmehr bringe der Nord-Süd Unterschied der Temperaturen und die Verschiebung der Luftmassen die Temperaturunterschiede.

Was diese Resultate für Europa bedeuten, will Tapio Schneider in weiteren Studien untersuchen. Unter anderem will er der Frage nachgehen, ob Hitzewellen in Europa mit sogenannten ?geblockten Zyklonen? zusammenh?ngen und herausfinden, weshalb solche Wirbel an einem Ort stehenbleiben und wie sie sich mit dem Klima ?ndern.

Das Forschungsprojekt wurde unterstützt von der U.S. National Science Foundation.

Literaturhinweis

Schneider T, Bischoff T, Plotka H. Physics of Changes in Synoptic Midlatitude Temperature Variability. Journal of Climate, 15. M?rz 2015, doi:externe Seite 10.1175/JCLI-D-14-00632.1

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