Gentransfer erhöht Vitamin-B6-Gehalt in Maniok

?Von der neuen Variante muss ein Mensch t?glich nur noch 500 Gramm gekochte Wurzelmasse oder 50 Gramm Bl?tter essen, damit er seinen t?glichen Vitamin-B6-Bedarf decken kann?, sagt Wilhelm Gruissem, Professor f¨¹r Pflanzenbiotechnologie der ETH Z¨¹rich. Die Grundlage f¨¹r die neue genmodifizierte Maniok-Variante legte Professorin Teresa Fitzpatrick von der Universit?t Genf. Sie kl?rte in der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) den Biosyntheseweg von Vitamin B6 auf. Am Aufbau des Vitamins sind zwei Enzyme beteiligt, PDX1 und PDX2. Indem die Forschenden die entsprechenden Gene, welche den Code f¨¹r die Enzyme darstellen, ins Maniok-Genom einbrachten, erzeugten sie mehrere neue Maniok-Linien, die h?here Mengen an VitaminB6 bildeten.

Unter Feldbedingungen stabil

Ob der genmodifizierte Maniok den gew¨¹nschten Effekt, n?mlich eine verst?rkte Produktion des Vitamins bei gleichbleibendem Gesamtertrag, erzielt, testeten die Pflanzenwissenschaftler mehrere Jahre im Gew?chshaus und in Feldversuchen. ?Es war wichtig herauszufinden, ob genmodifizierter Maniok das Merkmal ?hohe Vitamin-B6-Produktion¡° unter verschiedenen Bedingungen stabil hervorbringt?, betont Gruissem.

Messungen des Vitalstoffgehalts best?tigten, dass beide Pflanzenlinien in Wurzeln und Bl?ttern ein Mehrfaches an Vitamin-B6 bildeten als ?normaler? Maniok. Die verst?rkte Produktion konnten die Forschenden zudem auf die Aktivit?t der transferierten Gene zur¨¹ckf¨¹hren, unabh?ngig davon ob die Pflanzen im Gew?chshaus oder auf freiem Feld wuchsen. Die verst?rkte Vitamin-B6-Produktion blieb auch in Pflanzen in Nachfolgegenerationen, die durch zweimaliges vegetatives Vermehren erzeugt wurden, stabil.

Zuvor hatten die Forscher mehrere hundert Manioksorten aus Afrika auf ihren nat¨¹rlichen Vitamin-B-6-Gehalt ¨¹berpr¨¹ft. Keine davon wies einen derart hohen Gehalt auf, wie die genmodifizierten Varianten.

Auch ist das Vitamin B6 aus den genmodifizierten Sorten sogenannt bioverf¨¹gbar, das heisst, der Mensch kann es gut aufnehmen und verwerten. Dies ¨¹berpr¨¹fte ein Forschungsteam der Universit?t Utrecht in Zusammenarbeit mit den Forschenden der ETH Z¨¹rich und der Universit?t Genf.

Offene Technologie

?Unsere Arbeit belegt, dass der Ansatz, die Vitamin-B6-Menge in einer wichtigen Nahrungspflanze mit Arabidopsis-Genen gezielt zu erh?hen, auch unter Feldbedingungen stabil ist. Ebenso wichtig aber ist, dass Labors in Entwicklungsl?ndern zu dieser Technologie Zugang haben?, fasst Herv¨¦ Vanderschuren zusammen. Er leitete das Maniokforschungsprogramm an der ETH Z¨¹rich und ist seit kurzem Professor f¨¹r Pflanzengenetik an der Universit?t Li¨¨ge.

Noch unklar ist, wann und wie die Vitamin-B-6-verst?rkte Maniokpflanze den Weg zu den Bauern und Konsumenten findet. So soll das neue Merkmal durch herk?mmliche Zucht in die von Bauern bevorzugten Sorten eingekreuzt oder mit gentechnischen Methoden in ausgew?hlte Varianten eingebracht werden.

Vanderschuren erhofft sich die Transferleistung von afrikanischen Laboren. Er selbst hat schon fr¨¹her Wissenschaftler vor Ort ausgebildet und Workshops organisiert, um in den Labors Plattformen f¨¹r die genetische Ver?nderung von Nutzpflanzen aufzubauen. ?Wir hoffen, dass diese Plattformen dabei helfen, die Technologie unter Bauern und Konsumenten zu verbreiten.?

Die nun vorgestellte Methode wurde nicht patentiert. Das Gen-Konstrukt und die Technologie sollen allen Interessierten kosten- und h¨¹rdenlos zur Verf¨¹gung stehen.

Vertrieb und Gesetzgebung als Herausforderung

H¨¹rden bestehen  jedoch f¨¹r den Vertrieb und den Anbau der transgenen Maniokpflanzen: ?Die Gesetzgebung f¨¹r transgene Nutzpflanzen in Entwicklungsl?ndern und die Einf¨¹hrung eines Maniok-Saatgutsystems, auf das alle Bauern zugreifen k?nnen, sind nach wie vor grosse Hindernisse, die die Verbreitung der Vitamin-B6-Variante behindern?, betont Vanderschuren.

Er betreut derzeit zusammen mit der Hochschule f¨¹r Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften Zollikofen (HAFL) ein Projekt in Indien. Davon erhofft er sich unter anderem Richtlinien f¨¹r die Entwicklung von nachhaltigen Saatgutsystem f¨¹r Maniok in Indien. ?Von diesem Projekt werden wir auch f¨¹r die Arbeit in Afrika profitieren k?nnen?, ist er ¨¹berzeugt.

Zurzeit organisieren in Afrika die einzelnen L?nderorganisationen sowie die FAO und andere NGOs die Verbreitung von Maniok-Stengelschnittgut f¨¹r den Anbau. Allerdings sei eine bessere und effizientere Organisation f¨¹r die Verteilung von gesundem Pflanzmaterial dringend n?tig, findet der Forscher.

Von Gesetzesseite ist der Anbau von gentechnologisch ver?ndertem Maniok (und anderen Nutzpflanzen) noch nicht in allen L?ndern geregelt. In mehreren afrikanischen L?ndern wie Uganda, Kenia und Nigeria h?tten Regierungen nun Gesetze f¨¹r Feldversuche mit genver?nderten Pflanzen erlassen. ?Dies ist ein wichtiger Schritt, damit die verbesserten Sorten unter Feldbedingungen getestet werden k?nnten?, sagt Vanderschuren. ?Um den Anbau von genver?nderten Pflanzen zu erlauben, m¨¹ssen die jeweiligen Parlamente aber erst weitere Gesetze ausarbeiten.?

Mehr als nur ein Stoff

Vitamin B6 bezeichnet drei sehr ?hnliche Molek¨¹le, n?mlich Pyridoxol, Pyridoxal und Pyridoxamin. Diese sind Vorstufen von Pyridoxalphosphat, welches sich als eines der wichtigsten Co-Enzyme des Organismus¡® am Auf- und Umbau von Proteinen beteiligt. Der menschliche K?rper kann Vitamin B6 nicht selbst herstellen. Deswegen muss dies ¨¹ber die Nahrung zugef¨¹hrt werden. Einen hohen Vitamin-B6-Gehalt weisen beispielsweise Sojabohnen, Haferflocken, Rinderleber und Vollkornreis auf. Gute Lieferanten sind auch Avocados, N¨¹sse oder Kartoffeln. Der t?gliche Bedarf eines Erwachsenen liegt bei rund 1,5 bis 2 Milligramm.