Nanowände für Smartphones
Forschende der ETH Zürich stellten mit einem neuartigen Nano-Druckverfahren transparente Elektroden für den Einsatz in Touchscreens her. Die neuen Elektroden geh?ren zu den transparentesten und leitf?higsten, die je entwickelt wurden.
Jeder Touchscreen, wie wir ihn unter anderem von Smartphones und der Bedienoberfl?che von Ticketautomaten und Bancomaten kennen, braucht transparente Elektroden: Die Glasoberfl?che der Ger?te ist mit einem kaum sichtbaren Muster aus einem leitf?higen Material beschichtet. Dank diesem erkennen die Ger?te, ob und wo genau ein Finger die Oberfl?che berührt.
Forschende unter der Leitung von Dimos Poulikakos, Professor für Thermodynamik, haben nun in einem 3D-Druckverfahren eine neue Art von transparenten Elektroden geschaffen. Es handelt sich dabei um ein Gitternetz aus ?Nanow?nden? aus Gold beziehungsweise Silber auf einer Glasoberfl?che. Die W?nde sind so dünn, dass man sie mit blossem Auge kaum sehen kann. Es ist das erste Mal, dass Wissenschaftler solche Nanow?nde im 3D-Druck hergestellt haben. Die neuen Elektroden sind leitf?higer und transparenter als jene aus Indiumzinnoxid, die heute in Smartphones und Tablets standardm?ssig verwendet werden. Dies ist ein klarer Vorteil: Je transparenter die Elektroden sind, desto besser ist die Bildschirmqualit?t. Und je leitf?higer sie sind, desto schneller und genauer kann der Touchscreen arbeiten.
Dritte Dimension
?Indiumzinnoxid wird verwendet, weil es als Material eine verh?ltnism?ssig hohe Transparenz hat und die Herstellung der Schichten gut erforscht ist, doch es ist nur m?ssig leitf?hig?, sagt Patrik Rohner, Doktorand in Poulikakos‘ Gruppe. Um leitf?higere Elektroden herzustellen, setzten die ETH-Forscher auf Gold und Silber, die Strom sehr viel besser leiten. Weil diese Metalle jedoch nicht transparent sind, mussten die Wissenschaftler die dritte Dimension zu Hilfe nehmen. Denn: ?Will man mit Dr?hten aus diesen Metallen gleichzeitig hohe Leitf?higkeit und Transparenz erreichen, besteht ein Zielkonflikt?, erkl?rt ETH-Professor Poulikakos. ?Mit zunehmenden Querschnitt von Gold- und Silberdr?hten nimmt zwar die Leitf?higkeit zu, die Transparenz des Gitternetzes jedoch ab.?
Die L?sung waren bloss 80 bis 500 Nanometer dünne Metallw?nde, die von oben betrachtet kaum sichtbar sind. Weil ihre H?he im Vergleich zur Breite zwei- bis viermal gr?sser ist, ist ihr Querschnitt und dadurch ihre Leitf?higkeit ausreichend hoch.
Tintenstrahldrucker mit winzigem Druckkopf
Die Forscher stellten diese winzigen Metallw?nde mit einem Druckverfahren her – Nanodrip genannt –, das Poulikakos und seine Mitarbeiter vor drei Jahren entwickelt haben (siehe ETH-Life-Artikel vom 31.05.2013). Dessen Grundprinzip ist der sogenannte elektrohydrodynamische Tintenstrahldruck. Dabei verwenden die Wissenschaftler Tinten aus Metallnanopartikeln in L?sungsmittel; ein elektrisches Feld zieht kleinste Tr?pfchen der Metalltinte aus einer Glaskapillare. Das L?sungsmittels verdunstet schnell, und so kann Tropfen für Tropfen eine dreidimensionale Struktur aufgebaut werden.
Das Spezielle am Nanodrip-Verfahren ist, dass sich dabei Tr?pfchen von der Glaskapillare abl?sen, die etwa zehnmal kleiner sind als die ?ffnung der Kapillare. Damit lassen sich sehr viel kleinere Strukturen drucken. ?Stellen Sie sich einen Wassertropfen vor, der unten an einem geschlossenen Wasserhahn h?ngt. Und stellen Sie sich nun vor, dass unten an diesem Tropfen noch ein winziges Tr?pfchen h?ngt – nur diese winzigen Tr?pfchen drucken wir?, erkl?rt Poulikakos. Die spezielle Tropfenform erzielten die Forscher, indem sie die Zusammensetzung der Metalltinte und das verwendete elektromagnetische Feld optimal aufeinander abstimmten.
Kostengünstige Herstellung
Die n?chste grosse Herausforderung werde nun sein, die Methode hochzuskalieren und den Druckprozess so weiterzuentwickeln, dass er industriell im grossen Massstab angewendet werden kann. Die Wissenschaftler arbeiten dazu mit Kollegen des ETH-Spin-offs externe Seite Scrona zusammen.
Sie sind überzeugt: Gelingt das Hochskalieren, wird die Technologie gegenüber den existierenden Methoden eine Reihe von Vorteilen bringen. Insbesondere wird sie wohl kostengünstiger sein, weil für das Nanodrip-Verfahren im Gegensatz zur Herstellung von Indiumzinnoxid-Elektroden kein Reinraum n?tig ist. Auch dürften die neuen Elektroden wegen ihrer h?heren Leitf?higkeit besser geeignet sein für grosse Touchscreens. Und schliesslich sei ihr Verfahren auch das erste, bei dem man die H?he der Nanow?nde direkt w?hrend des Druckens variieren k?nne, sagt ETH-Doktorand Rohner.
Eine m?gliche zukünftige Anwendung k?nnten auch Solarzellen sein, für die ebenfalls transparente Elektroden ben?tigt werden. Je durchsichtiger und leitf?higer diese sind, desto mehr Strom l?sst sich gewinnen. Und die Elektroden k?nnten schliesslich auch bei der Weiterentwicklung von gebogenen Bildschirmen mit der OLED-Technologie zum Einsatz kommen.
Literaturhinweis
Schneider J, Rohner P, Thureja D, Schmid M, Galliker P, Poulikakos D: Electrohydrodynamic NanoDrip printing of high aspect ratio metal grid transparent electrodes. Advanced Functional Materials, 15. Dezember 2015, doi: externe Seite 10.1002/adfm.201503705