Chemikalien aus Holzabfällen

Vitamine, Medikamente, L?sungsmittel, Pflanzenschutzmittel und Polymere – viele davon liessen sich in Zukunft auch aus Holzabf?llen herstellen. Und zwar mindestens so wirtschaftlich, umweltschonend und sicher wie derzeit aus Erd?l. Dies zeigte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von ETH-Wissenschaftlern auf.

Holz
In der Holzindustrie entstehen Abf?lle. In Zukunft k?nnten diese genutzt werden (Symbolbild). (Bild: Colourbox)

Die chemische Industrie fusst heute auf Erd?l: Am Anfang sehr vieler chemischer Produkte – von Kunststoffen über Waschmittel und L?sungsmittel bis zu Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln – stehen Erd?lbestandteile. Und weil Erd?lvorkommen endlich sind, suchen Wissenschaftler nach Wegen, diese Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen.

Ein internationales Forscherteam zeigte nun einen solchen alternativen Herstellungsweg für eine bedeutende Grundchemikalie auf, die Bernsteins?ure (siehe Kasten). Zum Team unter der Leitung von Konrad Hungerbühler, Professor für Sicherheits- und Umweltschutztechnologie in der Chemie an der ETH Zürich, geh?rten auch Wissenschaftler der EPFL und der Technischen Hochschule Chalmers in G?teborg.

Wie die Forschenden in einer umfassenden ?kobilanz zeigen, l?sst sich die Bernsteins?ure wirtschaftlich, umweltfreundlich und sicher aus Biomasse herstellen – mithilfe von Bakterien. Als Ausgangsstoff der Wahl bezeichnen die Forschenden Holz- oder Zelluloseabf?lle, die in der Forstwirtschaft oder der Papierindustrie anfallen.

Günstiger oder nachhaltiger

In Simulationen verglichen die Wissenschaftler unter anderem verschiedene Herstellungsprozesse sowie verschiedene Bakterien, welche in den Labors der EPFL für die biotechnologische Herstellung von Bernsteins?ure optimiert wurden. Dabei zeigte sich: Je nach verwendeten Bakterien und Prozessen ist die biotechnologische Herstellung aus Holzabf?llen im Vergleich zur konventionellen aus Erd?l entweder deutlich günstiger oder deutlich umweltfreundlicher. Als Mass für die Umweltbelastung verwenden die Forschenden die gesamte für die Herstellung ben?tigte Energie, inklusive der grauen Energie (die auch den indirekten Energiebedarf für die Herstellung von Vorprodukten, Infrastruktur und Abfallentsorgung umfasst).

So errechneten die Wissenschaftler für eine bestimmte biotechnologische Herstellungsmethode, dass Bernsteins?ure bei vergleichbarer Umweltbelastung 20 Prozent günstiger hergestellt werden kann. Mit einer zweiten Methode mit anderen Bakterien liess sich die Umweltbelastung um 28 Prozent reduzieren – dies bei vergleichbaren Kosten wie auf traditionellem Weg aus Erd?l.

Innovation für die Papierindustrie

Damit Bakterien Bernsteins?ure herstellen k?nnen, ben?tigen sie als Rohstoff Glukose (Traubenzucker). Es w?re m?glich, diese aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr zu gewinnen. Oder eben aus Holz. ?Der Holzbestandteil Zellulose kann mithilfe von S?ure in Glukose umgewandelt werden?, erkl?rt Merten Morales, Doktorand in der Gruppe von Hungerbühler und Erstautor der aktuellen Studie.

Die Wissenschaftler verglichen die Bernsteins?ure-Herstellung aus Zuckerrüben mit jener aus Holzabf?llen. Punkto Wirtschaftlichkeit, Umweltvertr?glichkeit und Sicherheit sind die Unterschiede vernachl?ssigbar. ?Wenn es m?glich ist, Holzabf?lle – zum Beispiel solche aus der Forstwirtschaft – zu nutzen, sollte man das tun?, sagt Morales.  ?Denn damit konkurriert man nicht mit der Nahrungsmittelversorgung.?

Auch für die Papierindustrie w?re die neue Methode interessant. Denn dort fallen als Abfall zellulosehaltige Laugen an. Sie werden derzeit nicht verwertet, würden sich aber als Glukosequellen eignen. ?Die europ?ische Papierindustrie k?nnte gegenüber der starken Konkurrenz aus ?bersee wieder wettbewerbsf?higer werden, wenn sie es schafft, Abfallprodukte zu veredeln und sie mit Mehrwert zu verkaufen?, so Morales. Der Bau einer biotechnologischen Produktionsanlage sei jedoch eine langfristige Investition, gibt der Chemieingenieur zu bedenken. Bevor eine Firma diese t?tige, m?chte sie wissen, ob sie sich lohne. ?Mit unserer Arbeit haben wir diese Frage nun bejaht.?

Die Studie entstand im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms Ressource Holz (externe Seite NFP 66).

Bernsteins?ure

Bernsteins?ure wird Treibstoffen und Schmiermitteln zugesetzt, um Motoren vor Korrosion zu schützen. Unter der Bezeichnung E 363 dient sie der Lebensmittelindustrie als S?uerungsmittel, als Geschmacksverst?rker und um Lebensmittel luftig zu machen. Vor allem aber ist die Bernsteins?ure Dreh- und Angelpunkt für die Synthese einer riesigen Palette chemischer Verbindungen:  Es lassen sich daraus unter anderem Vitamine herstellen, Medikamente, L?sungsmittel, Pflanzenschutzmittel, Polymere und Geruchsstoffe für Parfüme.

Literaturhinweis

Morales M, Ataman M, Badr S, Linster S, Kourlimpinis I, Papadokonstantakis S, Hatzimanikatis V, Hungerbühler K: Sustainability Assessment of Succinic Acid Production Technologies from Biomass using Metabolic Engineering. Energy and Environmental Science, 24. Mai 2016, doi: externe Seite 10.1039/C6EE00634E

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