Fettreiche Nahrung hemmt Hirnreifung

Neuste Erkenntnisse von Forschern der ETH und Universit?t Zürich deuten darauf hin, dass fettreiches Essen die Reifung eines Teils der Hirnrinde bei Heranwachsenden massiv st?ren k?nnte. Dadurch drohen im Erwachsenenalter Defizite bei Lernprozessen, der Pers?nlichkeit und der Impulskontrolle.

Teenager beisst in Hamburger (Colourbox)
?berm?ssiger Verzehr von Junk Food k?nnte hirnsch?digend sein: Ein Teenager beisst in einen Hamburger. (Bild: Colourbox)

Junk Food ist heutzutage wortw?rtlich in aller Munde. Besonders bei Kindern und Jugendlichen ist das fettreiche und ungesunde Essen beliebt. H?ufig ist es die günstigste M?glichkeit, sich zu ern?hren. Doch Junk Food ist m?glicherweise hirnsch?digend, wenn er über lange Zeit w?hrend des Heranwachsens verzehrt wird. Konsumieren Kinder und Jugendliche zu viele (schlechte) Fette, kann es im Erwachsenenalter zu Defiziten bei Hirnfunktionen kommen. Darauf deuten neue Ergebnisse von Forschern der ETH und Universit?t Zürich hin. Ihre Studie wurde soeben in der Fachzeitschrift ?Molecular Psychiatry? ver?ffentlicht.

Zu dem besorgniserregenden Befund kamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand eines Mausmodells, bei dem heranwachsende und erwachsene M?use entweder mit extrem fettreicher oder mit normaler Nahrung gefüttert wurden. Das fettreiche Futter enthielt überproportional grosse Mengen an ges?ttigten Fetten. Solche Fette sind zum Beispiel besonders h?ufig in Fast Food, Wurstwaren, Butter aber auch Kokos?l enthalten.

Verhaltensdefizite nach wenigen Wochen

Schon nach vier Wochen beobachteten die Forschenden bei den Jungtieren, die fettreiche Nahrung erhielten, erste kognitive Defizite. Diese traten auf noch ehe diese M?use an Gewicht zulegten. Entscheidend für die Entstehung dieser Defizite ist das Zeitfenster des Fettkonsums: Dieser wirkt sich vornehmlich in der Adoleszenz, also in der Zeit von der sp?ten Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter, negativ auf die Reifung des sogenannten Pr?frontalen Cortex’ aus. Dieses Hirnareal wird auch Stirnhirnrinde genannt.

Der Grund für die Anf?lligkeit des Pr?frontales Cortex‘: Seine Reifung dauert l?nger als diejenige anderer Hirnstrukturen. Sie ist bei Mensch und Maus erst im frühen Erwachsenenalter abgeschlossen. Der Pr?frontale Cortex ist deshalb w?hrend seines Reifungsprozesses anf?llig für negative Umwelteinflüsse wie Stress, Infektionen oder Traumata – oder eben: einseitiger unausgewogener Ern?hrung. Der Pr?frontale Cortex ist das, was den Menschen zum Menschen macht: Er ist der Sitz von Ged?chtnis, Planung, Impulskontrolle und Sozialverhalten. Ohne funktionierende Stirnhirnrinde, etwa nach einem Unfall oder aufgrund eines Tumors, ver?ndert sich das Wesen des Menschen. Er hat Mühe bei komplexen Lernprozessen, kann seine Hemmungen verlieren, wird unkontrolliert aggressiv, kindisch oder triebhaft.

Erwachsene bleiben verschont

Keinen Verhaltenseffekt konnten die Forschenden hingegen bei ausgewachsenen M?usen, die über l?ngere Zeit (zu) fettreiche Nahrung aufnahmen, beobachten. Bei ihnen geriet allerdings der Stoffwechsel aus den Fugen: Sie verfetteten. ?Das schliesst allerdings nicht aus, dass fettreiche Nahrung nicht auch die Gehirne von erwachsenen M?usen sch?digen kann?, betont Urs Meyer, ehemaliger Gruppenleiter des Labors für Physiologie und Verhalten an der ETH Zürich und heute Professor an der Universit?t Zürich.

Mensch und Maus sind sich ?hnlich

Laut Meyer sind die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar: ??hnlich wie beim Menschen reift der Pr?frontale Cortex bei der Maus vornehmlich in der Adoleszenz.? Auch die Leistungen, die dieser Hirnregion zugeschrieben werden, sind bei Mensch und Maus vergleichbar. Ebenfalls stimmen die Nervenzellstrukturen, auf die die fettreiche Nahrung einwirkt, in beiden Organismen überein. Der Forscher r?umt allerdings ein, dass die fettreiche Nahrung – über 60 Prozent der Kalorien wurden den M?usen durch Fette zugeführt – nicht dem entspricht, was die meisten Menschen (und M?use) über l?ngere Zeit einnehmen. Diese Art der Zuspitzung wurde bewusst gew?hlt, um den Effekt fettreicher Nahrung auf die Gehirnreifung klar und deutlich aufzuzeigen und den Prinzipienbeweis erbringen zu k?nnen. ?Derart fettreich essen wohl nur die wenigsten Kinder und Jugendlichen?, sagt Meyer.

?ber einen Grenzwert, wie hoch der Fettanteil der Nahrung sein darf, damit sp?ter keine Sch?den am Pr?frontalen Cortex entstehen, kann diese Studie denn auch nichts aussagen. Dies wurde auch nicht untersucht. ?Wer einmal pro Woche fettreichen Fast Food isst, wird kaum betroffen sein.? Dennoch findet Meyer, dass der Ern?hrung in der Zeit des Heranwachsens mehr Beachtung geschenkt werden muss. ?W?hrend der Adoleszenz sollten Kinder und Jugendliche m?glichst ausgewogen und hochwertig essen.?

Literaturhinweis

Labouesse M, et al: Hypervulnerability of the adolescent prefrontal cortex to nutritional stress via reelin deficiency. Molecular Psychiatry, advance online publication, 15 November 2016. doi:externe Seite 10.1038/mp.2016.193

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