Die vierte Dimension in der Fertigungstechnik

Wissenschaftler sprechen vom 4D-Druck. Sie meinen damit die einfache Herstellung von Objekten, die sich zeitabh?ngig ver?ndern k?nnen. Forschende der ETH Zürich haben diesen Ansatz nun einen entscheidenden Schritt weitergebracht: Ein von ihnen entwickeltes Konstruktionsprinzip erlaubt tragf?hige und vorhersagbare Strukturen.

Vergr?sserte Ansicht: Objekt aus dem 4D-Drucker
Dieses Objekt wird flach gedruckt (links) und kann sp?ter in zwei weitere stabile und tragf?hige Formen gebracht werden (Mitte und rechts). (Bild: ETH Zürich / Tian Chen)

3D-Drucker sind zum Standard vieler Forschungslabors geworden. Derweil wagt eine noch kleine Zahl von Forschenden weltweit den n?chsten Schritt: Sie erweitert die Technik um eine weitere Dimension – jene der Zeit. Zu diesen Wissenschaftlern geh?rt auch Kristina Shea, Leiterin des Labors für Produktentwicklung und rechnerbasierte Methoden an der ETH Zürich. Beim sogenannten 4D-Druck werden bewegliche und ver?nderbare Objekte hergestellt, wie etwa flache Baus?tze, die sich zu einem sp?teren Zeitpunkt zu dreidimensionalen Objekten entfalten lassen, oder sogar Objekte, die ihre Form in Abh?ngigkeit von ?usseren Einflüssen ?ndern k?nnen.

ETH-Professorin Shea und ihre Gruppe haben diesen Ansatz nun um einen entscheidenden Schritt weitergebracht. Sie schufen ein Konstruktionsprinzip, dank dem sich die Form?nderungen genau kontrollieren lassen. ?Unsere flach hergestellten Strukturen ver?ndern ihre Konfiguration nicht irgendwie, sondern genau wie von uns vorgesehen?, sagt Tian Chen, Doktorand in Sheas Gruppe. Ausserdem k?nnen die Strukturen mit Gewicht belastet werden. Solche tragf?higen 4D-Druck-Objekte konnte vor den ETH-Wissenschaftlern noch niemand herstellen.

Element mit zwei Zust?nden

Vergr?sserte Ansicht: Hubelemente
Ein einzelnes Hubelement in seinen beiden Zust?nden. Es besteht aus einem starren (hell) und elastischen (dunkel) Polymer. (Bild: Chen et al. Scientific Reports 2017)

Kern des Konstruktionsprinzips ist ein von ihnen entwickeltes Hubelement, das einen von zwei m?glichen Zust?nden einnehmen kann: es ist entweder eingezogen oder ausgefahren. Die Forschenden kombinierten solche Elemente zu komplexeren Strukturen. Weil die Einzelelemente nur die beiden definierten Zust?nde einnehmen, k?nnen die Forschenden die stabilen dreidimensionalen Formen der Gesamtstruktur voraussagen. M?glich sind auch Strukturen, die mehrere stabile Formen einnehmen k?nnen. Und weil die Forschenden auch eine Simulationssoftware entwickelten, k?nnen sie Formen und  Kraft, die für Form?nderungen aufgewendet werden müssen, genau voraussagen. Dies dient ihnen beim Entwurf von Objekten.

Die Wissenschaftler druckten ihre Strukturen mit einem professionellen Multimaterial-3D-Drucker, mit dem sich Objekte aus bis zu vierzig verschiedenen Materialien drucken lassen. Die Objekte der ETH-Wissenschaftler bestehen aus zwei davon: einem starren Polymer, das in den Strukturen den Hauptteil ausmacht, sowie einem elastischen Polymer für die Stellen, die beweglich sein müssen. All dies drucken die Forschenden in einem Schritt.

Effizient und schnell

?Der 4D-Druck hat mehrere Vorteile?, sagt ETH-Professorin Shea. ?Eine flache Ausgangsform mit starren und beweglichen Abschnitten in einem Schritt zu drucken, ist ?usserst effizient. Viel komplexer und zeitaufwendiger w?re es hingegen, solche Objekte dreidimensional herzustellen oder sie aus mehreren losen Komponenten zusammenzubauen.? Ausserdem k?nnen die flachen Strukturen platzsparend transportiert und erst an ihrem Bestimmungsort entfaltet werden. ?hnliche Ans?tze werden schon seit einiger Zeit in der Raumfahrt verfolgt, beispielsweise um Werkzeuge in einem komprimierten Zustand platzsparend ins All zu transportieren.

Die Raumfahrt ist daher eine von m?glichen Anwendungsgebieten für den 4D-Druck. Die Wissenschaftler denken aber auch an die einfache Konstruktion von Strukturen für die Geb?udetechnik, etwa Ventilationssysteme oder Systeme zum ?ffnen und Schliessen von Klappen, oder medizinische Anwendungen wie beispielsweise Stents (implantierbare Stützen für K?rpergef?sse).

Derzeit entfalten die Wissenschaftler die Strukturen noch von Hand. Die Forschenden sind aber daran, für ihre Elemente Antriebe zu entwickeln, welche die Strukturen temperaturabh?ngig ausfahren. Ebenfalls m?glich w?re es laut den Wissenschaftlern, eine pneumatische Steuerung (mit Druckluft) zu verwenden oder quellende Materialien zu verwenden, welche ihre Form je nach Feuchte ver?ndern.

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Flach gedruckte Struktur, die verschiedene belastbare Konfigurationen einnehmen kann. (Video: ETH Zürich)

Literaturhinweis

Chen T, Mueller J, Shea K: Integrated Design and Simulation of Tunable, Multi-State Structures Fabricated Monolithically with Multi-Material 3D Printing. Scientific Reports 2017, 7: 45671, doi: externe Seite 10.1038/srep45671

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