Überschätzte Mutationsrate
Das Ebola-Virus ver?nderte sich zu Beginn der Epidemie in Westafrika nicht so rasant wie damals befürchtet. ETH-Forschende kl?ren auf, warum sich die Wissenschaft damals versch?tzte.
Wissenschaftliche Hinweise zu Beginn der letzten grossen Ebola-Epidemie in Westafrika, wonach sich das Erregervirus aussergew?hnlich rasch ver?ndere, sind vermutlich auf methodische Probleme zurückzuführen. Dies zeigen Wissenschaftler unter der Leitung von Tanja Stadler, Professorin am Departement für Biosysteme der ETH Zürich in Basel. Sie ver?ffentlichten eine entsprechende Studie soeben in der Fachzeitschrift externe Seite PNAS.
Als sich das Ebolafieber 2014 zu einer Epidemie entwickelte, errechnete ein internationales Team von Wissenschaftlern in Computersimulationen und gestützt auf Virusproben, dass sich das Erbgut des Erregers im Schnitt alle 9,5 Tage ver?ndert. Das war eine untypisch hohe Ver?nderungsrate. Normalerweise mutiert das Ebolavirus-Erbgut nur mit knapp halb so hoher Geschwindigkeit. Die hohe Mutationsrate gab damals Anlass zu Befürchtungen, dass sich das Virus, wenn es sich schnell ver?ndert, auch schnell virulenter wird.
In sp?teren Studien konnten Forschende, die sehr viel mehr Virusproben auswerteten, die hohe Rate allerdings nicht best?tigen. Sie zeigten, dass sich der Erreger auch w?hrend der Epidemie langfristig gesehen nur mit der für ihn typischen, langsamen Geschwindigkeit ver?nderte.
Die ETH-Forschenden zeigen nun, dass die hohen gesch?tzten Mutationsraten zu Beginn der Epidemie einerseits auf die damals noch geringe Zahl von Virusproben zurückzuführen sind, und andererseits auf die verwendeten Computermodelle zurückzuführen sind, welche die Werte anhand von genetischen Daten von Virusproben und von getroffenen Grundannahmen errechnen.
?Je weniger genetische Daten einem Modell zur Verfügung stehen, desto st?rker beeinflussen die getroffenen Annahmen das Endresultat?, erkl?rt ETH-Professorin Stadler. Die frühen Berechnungen zur Ebola-Epidemie seien entsprechend stark von Annahmen beeinflusst gewesen, die sich im Nachhinein als ungenau erwiesen h?tten.
Aktuelle Computermodelle vereinfachten die Realit?t jedoch weniger als die vor einigen Jahren verwendeten, und sie würden weniger stark von den Grundannahmen beeinflusst, sagt Stadler. So nehmen die neuen Modelle zum Beispiel nicht mehr an, dass alle infizierten Personen den Erreger mit gleicher Wahrscheinlichkeit an Mitmenschen weitergeben, sondern sie berücksichtigen unterschiedliche Bev?lkerungsstrukturen. Zwar sind die neuen Modelle, an deren Entwicklung auch Stadler arbeitet, komplexer und rechenintensiver, dafür liefern sie auch zu Beginn einer Epidemie, wenn erst wenige genetische Daten vorliegen, genauere Resultate, wie neue Berechnungen der ETH-Wissenschaftler mit den genetischen Daten von 2014 gezeigt haben.
Literaturhinweis
M?ller S, du Plessis L, Stadler T: Impact of the tree prior on estimating clock rates during epidemic outbreaks, PNAS, 2. April 2018, doi: externe Seite 10.1073/pnas.1713314115