Carbonteile aus dem 3D-Drucker
Drei ETH-Absolventen haben einen 3D-Drucker entwickelt, der Bauteile aus Carbon herstellen kann. Mit ihrem Spin-off 9T Labs k?nnte das Trio dem widerstandsf?higen Verbundwerkstoff zum endgültigen Durchbruch verhelfen.
Fester als Stahl, aber bis zu fünfmal leichter: Carbonfaserverst?rkte Kunststoffe (CFK), oft auch nur Carbon genannt, eignen sich optimal für alles, was widerstandsf?hig sein muss, aber trotzdem wenig Gewicht haben soll: Flugzeuge, Formel 1-Rennwagen, Mountainbikes, aber auch Roboter, Prothesen oder Implantate. Kein Wunder, dass Carbon auf dem Weltmarkt derzeit sehr gefragt ist.
Das Problem ist, dass Carbon im Vergleich zu Aluminium oder Stahl teuer ist. Grund dafür ist die aufw?ndige und kostenintensive Herstellung. Carbon ist ein Verbundwerkstoff. Um das widerstandsf?hige Material herzustellen, müssen Kunststoff und Kohlenstofffasern zusammengefügt und bearbeitet werden. In der Regel braucht es für jedes einzelne Bauteil eine eigene Negativform. Dessen Herstellung ist kostenintensiv.
Carbonteile ohne Negativformen herstellen
Das ETH Spin-off 9T Labs bietet nun eine Alternative: Es hat einen 3D-Drucker entwickelt, der Carbon-Teile ausgibt. Diese werden dabei nicht mehr mühsam mit Negativformen gefertigt, sondern am Computer mit Hilfe einer Software konstruiert und vom Drucker produziert. Das Zusammenfügen von Plastik und Fasern erfolgt direkt im Drucker, indem die Materialien durch eine beheizte Düse gepresst werden.
?Wir verbinden die Vorteile der 3D-Druck Technologie mit den Vorzügen des Carbons?, sagt Giovanni Cavolina, einer der Gründer von 9T Labs. Einerseits kann durch dieses neue Verfahren der derzeit gr?sste Nachteil von Carbon – die hohen Kosten – eliminiert werden, indem Aufwand und Kosten bei der Herstellung sinken. Andererseits macht die 3D-Druck Technologie die Fertigung von Carbon-Bauteilen mit sehr komplexer Geometrie m?glich, welche etwa beim Bau von Satelliten-Antennen und anderen Lastfall optimierten Strukturen ben?tigt werden. Schliesslich entstehen durch den 3D-Druck auch weniger Materialabf?lle.
Steil aufw?rts nach dem Start
Hinter 9T Labs stecken die ETH-Absolventen Martin Eichenhofer (30), Giovanni Cavolina (26) und Chester Houwink (25). Eichenhofer hatte die Idee zum Startup vor vier Jahren, als er im Labor für Verbundwerkstoffe und adaptive Strukturen bei Professor Paolo Ermanni forschte. Regelrecht senkrecht aufw?rts ging es mit dem Trio Anfang 2018: Im Januar gründete es eine Aktiengesellschaft und warb bei Investoren insgesamt 300'000 Franken ein. Zudem wurde das Jungunternehmen von der europ?ischen Weltraumbeh?rde in ein F?rderprogramm (ESA BIC Switzerland) aufgenommen (s. Kasten), das neben weiteren 200'000 Franken zu einem guten Netzwerk in der Branche verhilft.
?Für unsere gedruckten Carbonteile gibt es sehr viele Anwendungsbereiche und das Interesse der Industrie ist gross?, sagt Eichenhofer, der derzeit noch damit besch?ftigt ist, seine Doktorarbeit fertig zu schreiben. Und Cavolina erg?nzt: ?Uns ist es wichtig, nicht am Markt vorbei zu entwickeln. Deshalb m?chten wir m?glichst schnell ein Produkt auf den Markt bringen, um damit Feedback generieren zu k?nnen.?
Drucksystem ab n?chstem Jahr
Bis Anfang n?chsten Jahres soll ein fertiges Drucksystem bestehend aus Hard- und Software für den Beta-Test fertig sein. Danach gelte es, die richtigen Branchen in der richtigen Reihenfolge zu bedienen. Starten m?chte 9T Labs mit Kunden aus dem Bereich Forschung und Entwicklung, allen voran Universit?ten und Hochschulen. ?Davon versprechen wir uns ein gutes technisches Feedback, mit dem wir das Produkt immer besser machen werden?, sagt Cavolina.
Derzeit feilen die jungen Ingenieure am Prototyp des 3D-Druckers. Noch ist das Startup in R?umen der ETH im Technopark in Zürich-West zuhause. Doch das k?nnte sich schnell ?ndern. Denn die junge Firma w?chst rasant, laufend rekrutieren die Gründer neue Leute. Derzeit arbeiten für 9T labs acht Mitarbeiter, darunter auch Praktikanten. Im Laufe des Jahres sollen weitere vier dazu kommen.
Das richtige Team zusammenzustellen, empfindet Cavolina als eine der gr?ssten Herausforderungen. ?Es ist nicht einfach, gute Software- und Hardware-Ingenieure zu finden?, sagt er. Deshalb wird derzeit viel Zeit in die Personalrekrutierung investiert. Denn: ?Um das Produkt marktgerecht zu machen, brauchen wir richtig gute Leute?, sagt Cavolina.
ESA BIC f?rdert Spin-offs
2016 initiierte das Schweizer Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) das Gründerzentrum ?ESA BIC Switzerland? der Europ?ischen Raumfahrtbeh?rde ESA. Dieses f?rdert gezielt Jungunternehmen mit Bezug zu Raumfahrttechnologien. Zum Konsortium hinter ESA BIC Switzerland geh?ren die ETH Zürich als Dachorganisation, Venture Kick, die ESA Plattform AP-Swiss sowie über 50 weitere nationale und internationale Partner aus Industrie und Forschung. Bis heute wurden 19 Start-ups aus verschiedensten Anwendungsgebieten wie Navigation und Ortung, Kommunikation, Erdbeobachtung, Werkstofftechnik, industrielle Fertigung und Robotik in das Programm aufgenommen. ESA BIC Switzerland kann j?hrlich bis zu zehn Start-ups für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren f?rdern. Die Start-ups erhalten bis zu 200’000 EUR finanzielle Unterstützung. Darüber hinaus profitieren die Unternehmen auch von individuellen Coaching-Leistungen Netzwerkaktivit?ten und einem europaweiten Netzwerk in Industrie und Forschung. Weitere Informationen und Bewerbung unter: externe Seite http://esabic.ch