Interdisziplinäres Miteinander

Ein Basecamp ¨C f¨¹r einmal nicht abgelegen am Fuss eines Berges, sondern inmitten einer gesch?ftigen Grossstadt: das Singapore-ETH Centre (SEC). Als erstes ausl?ndisches Forschungszentrum der ETH entstand das SEC 2010 in Partnerschaft mit Singapurs National Research Foundation, um Aspekte der Urbanisierung zu untersuchen. ?In Asien beobachten wir ein enormes Bev?lkerungs- und St?dtewachstum. Wir m¨¹ssen daher die Herausforderungen vor Ort anpacken?, meint der ehemalige Managing Director Remo Burkhard. Er war von Anfang an mit dabei und reiste zusammen mit SEC-Direktor Gerhard Schmitt nach Asien, um das Zentrum aufzubauen. Nach 15 Monaten erreichte die Forschungsgemeinschaft bereits eine Gr?sse von 100 Personen und im kommenden Jahr werden mehr als 200 Forschende aus 25 Disziplinen und 20 Nationen im SEC arbeiten. Gerhard Schmitt indes wird sein Amt als Direktor Ende diesen Jahres an Gisbert Schneider ¨¹bergeben.

Kooperation mit Umsetzungskraft

Singapur ist nicht nur ein Tor zu Asien, sondern bietet auch eine Start-up-Kultur mit dem Willen, neue Ideen nutzbringend umzusetzen. In rasantem Tempo entstand der CREATE-±Ø²©¹ÙÍø,±Ø²©ÌåÓý, auf dem das SEC angesiedelt ist. Die offene Struktur mit Ablegern von f¨¹hrenden Unis f¨¹hrt zu vielen ungeplanten Interaktionen zwischen den Forschenden. ?Es ist ein faszinierendes und sehr lebendiges ?kosystem?, beschreibt Detlef G¨¹nther, Vizepr?sident f¨¹r Forschung der ETH und Co-Chair im Verwaltungsrat des SEC, die Atmosph?re. ?Wir suchen den Austausch mit den anderen Universit?ten im Haus und in Singapur?, erkl?rt der heutige Managing Director Thomas Rufener. Aus spontanen Begegnungen entst¨¹nden nicht selten spannende Forschungsprojekte wie ?Natural Capital Singapore?, das die Qualit?t und den sozio?konomischen Wert von Singapurs ?kosystemen beurteilt.

Das Herzst¨¹ck des SEC sind die f¨¹nfj?hrigen Forschungsprogramme, bei denen das SEC den Lead hat. Das erste Programm ?Future Cities Laboratory? kombinierte Design und Wissenschaft, um urbane Nachhaltigkeit zu erreichen. Die Kollaboration mit der Industrie und den Singapurer Beh?rden erm?glicht zeitnahe Umsetzungen von Entwicklungsideen wie ?3for2?: Mit der unter Arno Schl¨¹ter entwickelten kompakten Geb?udek¨¹hltechnik lassen sich Platz und Kosten reduzieren und 40 Prozent Energie gegen¨¹ber der Norm einsparen.

In der Amtszeit von Director Peter Edwards (2013¨C2017) entstand das Programm ?Future Resilient Systems?, das sich mit der Widerstandsf?higkeit von komplexen Infrastruktursystemen besch?ftigt. Anfang dieses Jahres startete das j¨¹ngste Programm unter dem Namen ?Future Health Technologies?. In Zusammenarbeit mit Singapurs Universit?ten und Spit?lern m?chten die Forschenden neue digitale Technologien ¨C unter anderem Chatbots ¨C f¨¹r die Pr?vention und medizinische Betreuung von Patienten erarbeiten. ?Wir erhoffen uns Antworten auf aktuelle Fragen ¨¹ber Ethik, Datensicherheit und die Anwendbarkeit und Aussagekraft von KI-Algorithmen und vieles mehr?, so G¨¹nther. Seit Covid-19 kommt eine neue Dimension dazu: Die Entwicklung von Chatbots oder ?rztlichen Beratungen ¨¹ber Videotelefonie k?nnte auch in Europa vermehrt auf Interesse stossen, da viele Patienten und Patientinnen aus Angst vor Ansteckung w?hrend der Pandemie z?gern, eine Arztpraxis aufzusuchen.

Anregungen aus Asien

Alle bisherigen Programme konnten aufgrund ihres Erfolgs verl?ngert werden. Dies sei nur m?glich gewesen, weil sich das SEC als verl?sslicher, langfristig orientierter Partner konstituiert habe, was in Asien als wichtige Qualit?t gelte, berichtet Rufener. Das SEC ist heute eine Visitenkarte f¨¹r die Schweiz und erm?glicht zudem die vertiefte Interaktion mit der Industrie. ?In den ersten Jahren fand ein grosser Wissenstransfer von Europa nach Asien statt, aber zunehmend verwandelt sich dieser Fluss in einen Kreislauf. Wichtige Erkenntnisse k?nnen zwischen Singapur und der Schweiz zirkulieren?, beobachtet Schmitt.

So erstaunt es auch nicht, dass eine Delegation der Z¨¹rcher Stadtplanung nach Singapur reiste, um sich vom Forschungsprojekt ?Cooling Singapore? inspirieren zu lassen. Die Forschungsresultate in Bezug auf die Entstehung von Hitzeinseln in der Stadt finden nun auch in der ?Fachplanung Hitzeminderung? der Stadt Z¨¹rich Eingang. Das sich in Planung befindende Forschungsprogramm ?Future Cities Lab Global? m?chte den Austausch zwischen der ETH Z¨¹rich, dem SEC und den lokalen Partnern weiter st?rken. Dabei sollen die Urbanisierung in der Schweiz und jene in tropischen und subtropischen Gebieten mit ?hnlichen Fragestellungen untersucht und verglichen werden.

?Wir m?chten uns gemeinsam weiterentwickeln. Um wichtige Beitr?ge f¨¹r die globalen Herausforderungen leisten zu k?nnen, m¨¹ssen die einzelnen Forschungsprogramme noch enger und interdisziplin?rer zusammenarbeiten?, beschreibt G¨¹nther seine Vision des SEC. Schmitt nennt das Zentrum ein ?Living Lab? ¨C ein Labor, das im realen Kontext mit einem benutzerzentrierten Ansatz arbeitet. Er sieht starkes Interesse f¨¹r ?hnliche Zentren in Afrika, Indien oder China.