Spermiendefekt bei Ebern beruht auf ungewöhnlicher Mutation

In der Schweinezucht ist der Natursprung ¨C eine ganz nat¨¹rliche Paarung zwischen Eber und Sau - selten geworden. Viel h?ufiger werden Sauen k¨¹nstlich besamt. Das ist effizienter und erleichtert die Zucht von Schweinen mit erw¨¹nschten Eigenschaften.

Um Sauen k¨¹nstlich zu besamen, m¨¹ssen Veterin?rinnen und Veterin?re erst das Ejakulat von Ebern gewinnen. Dieses wird dann eingehend untersucht, etwa auf die Spermienkonzentration, die Beweglichkeit der Spermien oder auf das Volumen des Ejakulats. Nach dem Einsetzen des Samens in ein weibliches Zuchttier registrieren die Veterin?re auch, ob die Besamung erfolgreich war.

Eber mit Spermiendefekten

Bei solchen Routinescreenings von Ejakulat wurden f¨¹nf Zuchteber der Rasse ?Schweizer Edelschwein? auff?llig: Das von ihnen gewonnene Sperma war unbrauchbar. Unter dem Mikroskop erkannten Tiermediziner, dass die Spermien nicht mobil waren, weil die Spermienschw?nze verk¨¹rzt und gekr¨¹mmt waren. Solche Defekte treten vereinzelt bei Nutztieren aber auch beim Menschen auf. Und oft stehen Ver?nderungen von Genen dahinter.

Welche Genmutation bei diesen Ebern aber die Ursache f¨¹r die verkr¨¹ppelten Spermien ist, war nicht bekannt.

Mutation aufgesp¨¹rt

In Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen der Veterin?rmedizinischen Fakult?t der Universit?t Z¨¹rich bestimmten ETH-Forschende um den Nutztiergenomiker Hubert Pausch das gesamte Erbgut der f¨¹nf Eber und verglichen dieses mit dem von gesunden Tieren. So konnten die Forschenden schliesslich die Mutation aufsp¨¹ren, die dem Spermiendefekt zugrunde liegt.

Die Mutation betrifft ein Gen, welches den Bauplan f¨¹r ein Protein darstellt, das am Aufbau des Spermienschwanzes beteiligt ist. Aufgrund der Mutation ist die Produktion des fraglichen Proteins fehlerhaft; das resultierende Protein ist zu kurz und somit nicht funktional. Der Spermienschwanz kann nicht korrekt ausgebildet werden.

Ungew?hnlicher Ort f¨¹r eine Mutation

?Aus genetischer Sicht ist diese Mutation ungew?hnlich?, sagt Hubert Pausch. Sie betrifft einen Gen-Abschnitt, der nicht-kodierend ist, also keine Information f¨¹r den Bau des Proteins beinhaltet. Dieser Abschnitt ist aber ein Steuerelement, das dazu gebraucht wird, um die RNA-Abschrift des Gens korrekt zu schneiden und die losen Enden wieder zu verkn¨¹pfen. Dadurch ist diese Abschrift fehlerhaft, was zur Produktion von dysfunktionalen Proteinen f¨¹hrt.

Weil die Mutation an einer ungew?hnlichen Stelle auftritt, war sie f¨¹r die Forscher zu Beginn ihrer Suche nicht augenf?llig. Es gebe lediglich eine Handvoll Studien weltweit, die ?hnliche DNA-Ver?nderungen bei Nutztieren aufzeigten.

Dank den neuen Erkenntnissen k?nnen die Schweinez¨¹chter nun die Zuchteber gezielt auf diese Mutation hin untersuchen lassen. Das klingt zwar nach einer ¨¹berfl¨¹ssigen Untersuchung, da deformierte Spermien eigentlich unter dem Mikroskop erkennbar sind.

Die Sache hat jedoch einen Haken. Wie Menschen auch haben Schweine einen doppelten Chromosomensatz, einen m¨¹tterlichen und einen v?terlichen. Alle Gene liegen also in zweifacher Ausf¨¹hrung vor. Ist nun nur eine der Genkopien von der Mutation betroffen, wirkt sich dies nicht auf den Spermienschwanz aus. Man bemerkt den Gendefekt also nicht. Erst wenn beide Genkopien dieselbe Mutation aufweisen, dann wirkt sich dies negativ auf das entsprechende Merkmal aus. Genetiker nennen das einen rezessiven Erbgang.

Dank der genetischen Untersuchung k?nnen Z¨¹chter fr¨¹hzeitig Eber und Sauen innerhalb des Bestands identifizieren, die mindestens eine ?schlechte? Genkopie haben. Um zu verhindern, dass sich die Mutation weiterverbreitet, werden solche Tiere f¨¹r die Weiterzucht nicht mehr verwendet.

Inzuchtprobleme reduzieren

Der Grund f¨¹r die H?ufung des Gendefekts ist die Inzucht. Sie f¨¹hrt dazu, dass rezessive Mutationen in einer Population h?ufiger ph?notypisch sichtbar werden. Eines der Zuchtziele ist denn auch, diese H?ufigkeit zu reduzieren. Alle rezessiv vererbten Defekte ganz zu eliminieren, ist jedoch nicht machbar: ?Unsere Genomanalysen zeigen, dass es in Zuchtlinien hunderte von Mutationen in verschiedensten Genen gibt, die m?glicherweise fatale Auswirkungen haben. Diese alle auf null herunterzubringen, ist unm?glich?, sagt Pausch.

Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit der Reproduktionsmedizin am Tierspital der Universit?t Z¨¹rich und Suisag, einem Dienstleistungsunternehmen der Schweizer Schweinebranche.