Immunzell-Booster für Krebspatienten
Krebskranke k?nnten dereinst davon profitieren, dass man ihnen Immunzellen von gesunden Spendern verabreicht. Erhalten sie heute Spenderzellen, kann das zu heftigen oder gar fatalen Immunreaktionen führen. Ein Forscher der ETH Zürich entwickelte nun eine Technologie, die diese vermeidet.
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Das Wichtigste in Kürze
- Erhielten immungeschw?chte Personen weisse Blutzellen von Spendern, führte dies zu einer heftigen Immunreaktion.
- Die Zelltherapie von Krebs beruht daher auf eigenen Blutzellen der Patienten.
- Wird in den Spenderzellen ein wichtiger Proteinkomplex durch einen synthetischen Komplex ersetzt, k?nnen auch k?rperfremde Zellen im Kampf gegen Krebs eingesetzt werden.
- Die Weiterentwicklung der neuen, patentierten Technologie wird durch die Innovationsf?rderagentur Innosuisse unterstützt.
Edo Kapetanovic ist Arzt, eigentlich. Doch mittlerweile hat er sich ganz der Forschung verschrieben, und er arbeitet seit seinem Doktorat am Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel. Sein Ziel ist es, Krebstherapien dadurch zu verbessern, dass Patienten mit Immunzellen aus Spenderblut versorgt werden. Diesem Ziel ist er nun n?her gekommen: Er hat es geschafft, die Spenderzellen so zu ver?ndern, dass sie nur Tumorzellen angreifen und nicht gesunden Zellen des Patienten. Er testete die Technologie im Labor an menschlichen Zellen, aber es wird noch Zeit und Weiterentwicklung brauchen, bevor auch Patientinnen und Patienten von der Technologie profitieren k?nnen.
Trivial ist die Verabreichung von Spenderzellen in diesem Fall nicht: Das Immunsystem ist darauf spezialisiert, K?rperfremdes von K?rpereigenem zu unterscheiden und Fremdes zu bek?mpfen. In Patienten mit einem geschw?chten Immunsystem erkennen die Spenderzellen die Zellen des Patienten als fremd, und sie k?nnen eine heftige und mithin fatale Immunreaktion ausl?sen, bekannt unter dem englischen Begriff Graft-versus-Host-Reaktion (Reaktion des Spendergewebes gegen das Empf?ngergewebe). Daher werden heute für immuntherapeutische Behandlungen von Krebs haupts?chlich eigene Immunzellen der Patienten benutzt und nicht solche von Spendern.
Kapetanovic und seinem Team ist es nun gelungen, Immunzellen zu entwickeln, die keine Graft-versus-Host-Reaktion ausl?sen.
Eigene Zellen wirken nicht immer
Grob lassen sich bei den derzeit zugelassenen Immuntherapien von Krebs zwei Ans?tze unterscheiden. Bei beiden stehen sogenannte Killerzellen im Zentrum, meist Killer-T-Zellen. Beim einen Ansatz entnehmen Fachleute den Patienten deren eigene Killerzellen und ver?ndern sie im Labor so, dass sie spezifisch Krebszellen erkennen und diese eliminieren. Die ver?nderten Zellen verabreichen sie anschliessend den Patienten.
Beim zweiten Ansatz kommen sogenannte bispezifische Antik?rper als Medikament zum Einsatz. Sie stellen im K?rper eine molekulare Verbindung her zwischen Killer-T-Zellen und Krebszellen. Dadurch werden erstere aktiviert, damit sie die Tumorzellen bek?mpfen.
Diese Ans?tze haben jedoch einen gewichtigen Nachteil, wie Kapetanovic erkl?rt: ?Bei beiden Ans?tzen nutzt man die Zellen der Patienten. Man weiss aber, dass sich die Immunzellen individuell stark unterscheiden. Bei manchen Patienten sind die T-Zellen einfach nicht fit genug, um gegen den Tumor vorzugehen.? Hilfreich w?re es daher, Krebspatienten mit leistungsf?higen Killer-T-Zellen von gesunden Spendern zu versorgen, wenn da nicht die gef?hrliche Graft-versus-Host-Reaktion w?re. Für den Ansatz mit den bispezifischen Antik?rpern hat Kapetanovic dieses Problem nun gel?st.
?Man kann damit Zellen von beliebigen Spendern an beliebige Patienten verabreichen.?Edo Kapetanovic
Um zu verstehen, welcher Herausforderung der Forscher gegenüberstand, muss man folgendes wissen: Die erwünschte Aktivierung der Killer-T-Zellen durch bispezifische Antik?rper und die unerwünschte Aktivierung durch gesunde Zellen, die zur Graft-versus-Host-Reaktion führt, geschieht über denselben Molekülkomplex auf der ?usseren Membran der Killer-T-Zellen, den TCR-CD3-Komplex.
Zellen mit künstlichem Proteinkomplex
Kapetanovic meisterte die Herausforderung, indem er einen synthetischen TCR-CD3-Komplex schuf. Killer-T-Zellen mit diesem synthetischen Komplex reagieren nicht mehr auf fremde Zellen und l?sen somit auch keine Graft-versus-Host-Reaktion aus. Dennoch lassen sich die Killer-T-Zellen mit bispezifischen Antik?rpern aktivieren und k?nnen Krebszellen immer noch bek?mpfen.
Der synthetische TCR-CD3-Komplex ist das Ergebnis aufwendiger und detaillierter Studien von Kapetanovic und seinem Team. Bevor die Wissenschaftler diesen Komplex gezielt ver?ndern konnten, untersuchten sie ausführlich die molekulare Struktur der einzelnen Untereinheiten dieses Komplexes und wie sie das Aktivierungssignal weitergeben.
Kombinationstherapie mit Zellen und Antik?rpern
?Unser Ansatz zielt darauf ab, dereinst ein standardisiertes Produkt von der Stange für die Krebstherapie anzubieten?, sagt Kapetanovic. Die Idee ist, aus dem Blut von gesunden Spendern die Killer-T-Zellen zu isolieren und in diesen mit biotechnischen Methoden den natürlichen TCR-CD3-Komplex durch den synthetischen zu ersetzen. Das Blut von Krebspatienten würde man dann mit solchen ver?nderten Spenderzellen anreichern und die Patienten schliesslich mit bispezifischen Antik?rpern behandeln.
?Man kann damit Zellen von beliebigen Spendern an beliebige Patienten verabreichen?, sagt der ETH-Forscher. Ein solch standardisiertes Produkt w?re viel einfacher und günstiger herzustellen als so wie heute die Zellen von jedem einzelnen Patienten zu isolieren und zu ver?ndern. Das derzeitige Verfahren ist aufwendig und setzt eine komplexe Laborinfrastruktur voraus, was die Verfügbarkeit für Patientinnen und Patienten einschr?nkt. Ein Produkt ab Stange liesse sich einfach vertreiben, sodass mehr Patienten davon profitieren k?nnten.
Die ETH Zürich hat die neue Technologie zum Patent angemeldet. Kapetanovic plant nun, sie zur Marktreife weiterzuentwickeln. Er wird dazu von der Schweizer Innovationsf?rderagentur Innosuisse finanziell unterstützt, und er plant, eine Spin-off-Firma zu gründen.