Durst nach Neuem

Martina Pfeiffer ist im Hoch, als sie in ein Sitzungszimmer ¨¹ber den Produktionshallen am Rivella-Hauptsitz in Rothrist bittet. Der Grund: Am Morgen desselben Tages hat sie mit ihrem Team auf ein neues Produkt angestossen; eine neue Rivellasorte. Details m¨¹ssen noch geheim bleiben, wenige Wochen sp?ter soll das Getr?nk auf den Markt kommen. ?Degustation? nennt Pfeiffer das Treffen mit den Mitarbeitenden. Entsprechend wurde nicht mit PET-Flaschen angestossen, wie sie hier schon bald im Fabriktempo abgef¨¹llt werden, sondern mit kleinen Degustationsbechern.

Es sind solche Momente, die Pfeiffer an ihrem Job sch?tzt. ?Fr¨¹her ging es mir in meiner beruflichen Entwicklung um das fachliche Werkzeug. Um das Technisch-Methodische, auch um F¨¹hrungsfragen. Nun ist der Gestaltungsspielraum wichtiger geworden. Ich mag es, mit Menschen etwas erreichen zu k?nnen.? Seit sechs Jahren arbeitet die 47-J?hrige bei der Rivella AG. Zun?chst als Produktionsleiterin, seit knapp einem Jahr als Leiterin Supply Chain. Als solche f¨¹hrt sie rund hundert Mitarbeitende. Sie ist verantwortlich f¨¹r alle Bereiche entlang der Wertsch?pfungskette, also Einkauf, Planung, Produktion, Instandhaltung, Qualit?tssicherung, Logistik sowie Kundendienst. Ebenfalls im Verantwortungsbereich ist die Entwicklung und das Engineering. Als Mitglied der Gesch?ftsleitung ist es auch ihr Job, strategisch in die Zukunft zu schauen: Welche neuen Produkte sollen entwickelt werden? Welche Investitionen braucht es? Wie kann die Digitalisierung positiv genutzt werden? Wie verringert sich der ?kologische Fussabdruck?

Pfeiffer nippt an einer Flasche ?Focuswater? mit Heidelbeer- und Rhabarber-Geschmack. Diese Produktelinie geh?rt ebenfalls zur Rivella Group. Genauso wie die Michel-S?fte, die ein Stockwerk tiefer in der Produktionshalle gerade ¨¹bers F?rderband laufen. ?Wenn ich einkaufen gehe, bleibe ich ?fter vor dem Getr?nkeregal stehen als fr¨¹her?, sagt Pfeiffer und lacht. ?Es interessiert mich, was die Konkurrenz macht und wo wir stehen.?

Faszination Sportern?hrung

Pfeiffers Interesse f¨¹r Getr?nke und generell f¨¹r Lebensmittel geht weit zur¨¹ck. Als junge Frau trieb sie viel Sport, nahm erst im Schwimmen, dann im Triathlon an Wettk?mpfen teil. Schon immer interessierte sie sich daf¨¹r, wie sie sich dabei richtig ern?hrt. Zudem lagen ihr die Naturwissenschaften und sie bezeichnet sich als praktisch veranlagt. Sie schrieb sich an der ETH Z¨¹rich ein und wurde Lebensmittelingenieurin.

Martina Pfeiffer setzt sich eine Haube ¨¹bers Haar und schl¨¹pft in einen Arbeitsmantel. Zudem tr?gt sie Schuhe mit Stahlkappen, das geh?rt zu den Sicherheitsvorschriften. Dann l?dt sie auf einen kurzen Rundgang durch die Produktionshalle, wo die Getr?nke abgef¨¹llt und verpackt werden ¨C ein riesiger Raum voll mit automatisierten Maschinen und vergleichsweise wenig Mitarbeitenden, welche die Produktion haupts?chlich ¨¹berwachen. ?Qualit?t ist kein Zufall? steht im Vorraum, wo sich Pfeiffer die H?nde w?scht und desinfiziert.

Vor einer Maschine, die gerade Sechserpacks mit Getr?nkeflaschen verpackt, bleibt Pfeiffer stehen und erz?hlt, wie sie in ihrer Abschlussarbeit an der ETH den Gehalt an Omega-3-Fetts?uren im Fisch und deren Relevanz f¨¹r die menschliche Ern?hrung untersuchte. ?Das Wissen aus dem Studium hilft mir heute, mitdiskutieren zu k?nnen, wenn es zum Beispiel um Inhaltsstoffe geht?, sagt sie. Nach dem Studium promovierte Pfeiffer am Departement f¨¹r Agrar- und Lebensmittelwissenschaften der ETH bei den Ern?hrungswissenschaftern. In ihrer Doktorarbeit ging es wiederum um ein Thema im Bereich der Ern?hrung, Bewegung und des Stoffwechsels beim Menschen.

Werde sie von Kolleg:innen nach Tipps zu ihrem Lieblingsthema Sportern?hrung gebeten, dann beruhige sie erst einmal: ?Sehr lange ist man mit ausgewogener Ern?hrung sehr gut bedient.? Auch betreffend gesundes Essen hat sie einen pragmatischen Ratschlag: ?Ern?hrung sollte nicht ohne Bewegung gedacht werden. Wer sich genug bewegt, der ist auch bei der Ern?hrung freier.?

Treffpunkt vor dem XXL-Bildschirm

Noch heute treibt Pfeiffer gerne Sport. Mittags joggt sie regelm?ssig am Ufer der Aare entlang, bis Aarburg oder Richtung Boningen, etwa sieben Kilometer oder 40 Minuten dauert die Runde vom Rivella-Sitz in Rothrist aus. Die olympische Distanz wie fr¨¹her im Triathlon absolviert sie nicht mehr und auch das sogenannte ?1000er-St?gli? auf den 300 H?henmeter weiter oben liegenden Berg Born l?sst sie aus. ?Das ist f¨¹r die Verr¨¹ckten?, sagt sie und lacht.

Nach Antritt der neuen Stelle schickte die Gesch?ftsleitung den Mitarbeitenden ein kurzes pers?nliches Video von Martina Pfeiffer. Es zeigt sie mit Rucksack und Wanderausr¨¹stung auf einem Berg, mit Helm, Seil und Karabiner kletternd an einem Felsen sowie fahrend auf dem Mountainbike. ?Zur Bewegung geh?ren f¨¹r mich die Natur, frische Luft und wenn m?glich Sonne dazu?, sagt sie. Wobei sie j¨¹ngst auch Yoga entdeckt habe. ?Ich mag es, stets etwas Neues zu lernen.?

Nach dem Rundgang durch die Produktionshalle steigt Pfeiffer die Stufen hoch zum B¨¹rotrakt im dritten Stock. Im Gang mit Sicht in die Produktion bleibt sie vor einem XXL-Bildschirm stehen. Mit den H?nden scrollt sie ¨¹ber das Display, auf dem Produktionspl?ne, St?rungsmeldungen, Verbr?uche oder Stillst?nde angezeigt werden. Eingeben k?nnen die Mitarbeitenden solche Daten direkt ¨¹ber ihr firmeninternes Smartphone.