Mit flexiblen Wärmepumpen die Industrie elektrifizieren
Forschende der ETH Zürich und der Ostschweizer Fachhochschule haben einen neuen Ansatz für W?rmepumpen entwickelt. Damit kann die Industrie CO2-freie Prozessw?rme mit Temperaturen bis 200 Grad erzeugen und noch dazu die Anzahl an verschiedenen W?rmepumpen drastisch reduzieren.
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In Kürze
- Für ihren neuen Ansatz verwenden die Forschenden ein Gemisch aus zwei Komponenten. Das steigert die Effizienz um bis zu 25 Prozent.
- Durch Anpassung der Gemisch-Zusammensetzung k?nnen die W?rmepumpen einfach verschiedene W?rmequellen nutzen und unterschiedliche Temperaturen erzeugen.
- Besonders interessant ist die neue Technologie für die Elektrifizierung von Prozessw?rme in der Lebensmittel-, Chemie und Pharmaindustrie.
Egal, ob für die Produktion von Lebensmitteln und Getr?nken, die Herstellung von Medikamenten, Metallen und Papier oder für die Veredelung von Oberfl?chen und Textilien: die Industrie braucht Prozessw?rme. Einen grossen Teil davon erzeugen Unternehmen weiterhin, indem sie fossile Brennstoffe verbrennen. Damit ist die Erzeugung von Prozessw?rme für einen grossen Teil der weltweiten Treibhausgasemissionen der Industrie verantwortlich. In der Schweiz macht dieser Bereich rund 8 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus.
Prozessw?rme bis 200 Grad Celsius k?nnte die Industrie bereits heute umweltschonend mit industriellen W?rmepumpen erzeugen, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen nutzen. Trotz dieses Potenzials sind W?rmepumpen in der Industrie aber noch eine Seltenheit. Der Grund dafür ist, dass bestehende Modelle meist teure Sonderanfertigungen sind, die speziell für eine bestimmte industrielle Anwendung und Temperatur entwickelt wurden.
Forschende der ETH Zürich und der OST – Ostschweizer Fachhochschule in Buchs haben nun einen Weg gefunden, wie W?rmepumpen flexibel und günstig W?rme mit unterschiedlichen Temperaturen bis 200 Grad erzeugen k?nnen. Da dies eher den Bedürfnissen der Industrie entspricht als die am Markt verfügbaren L?sungen, haben bereits zahlreiche Schweizer und internationale Unternehmen ihr Interesse an der Technologie bekundet.
W?rme aus der Umwelt nutzen
W?rmepumpen nutzen die in Abw?rme, der Umgebungsluft, dem Grundwasser oder dem Erdreich gespeicherte Energie. Sie erzeugen Heiz- oder Prozessw?rme, indem sie in einem geschlossenen Kreislauf ein K?ltemittel verdampfen lassen und das Gas mit einem Kompressor verdichten. Dadurch steigt die Temperatur des Gases, und die so gewonnene W?rme kann zum Heizen oder für industrielle Prozesse genutzt werden.
Bei herk?mmlichen W?rmepumpen h?ngt es vor allem vom K?ltemittel ab, welche Temperatur und welcher Temperaturverlauf m?glich ist. Alle Komponenten der W?rmepumpe – Verdampfer, Kompressor, Verflüssiger und Drossel – sind auf dieses K?ltemittel zugeschnitten. Hat ein Unternehmen in seiner Fabrik mehrere W?rmebedarfe mit jeweils unterschiedlichen Temperaturen, sind dafür aktuell noch verschiedene W?rmepumpen mit unterschiedlichen K?ltemitteln n?tig. Da dies teuer und umst?ndlich ist, haben sich W?rmepumpen in der Industrie bisher noch nicht durchgesetzt.
K?ltemittelgemisch erm?glicht Flexibilit?t
Geht es nach André Bardow, Professor für Energie-? und Prozesssystemtechnik an der ETH Zürich, soll sich das bald ?ndern: ?Statt eines einzigen K?ltemittels verwenden wir ein Gemisch. Damit kann eine W?rmepumpe verschiedene W?rmequellen nutzen und unterschiedliche Temperaturverl?ufe erzeugen.?
Je nach Anwendungen wird eine unterschiedliche Zusammensetzung des Gemischs ben?tigt. Der Vorteil daran ist, dass Unternehmen nicht mehr die ganze W?rmepumpe neu designen müssen, wenn sie eine andere Temperatur brauchen. Sie müssen lediglich das Gemisch anpassen, was deutlich günstiger und einfacher ist.
Das Gemisch selbst besteht neben einem klassischen K?ltemittel aus einer weiteren Komponente. Der Temperaturverlauf der W?rmepumpe h?ngt vom Verh?ltnis dieser beiden Inhaltstoffe ab. ?Im Prinzip sind beliebig viele Verl?ufe für industrielle Prozesse unter 200 Grad m?glich. Das ist die grosse St?rke unserer Technologie?, sagt Bardow.
Optimale Mischung mit Computermodell gefunden
Um die geeigneten Komponenten für das K?ltemittelgemisch zu finden, haben die Forschenden ein Computermodell entwickelt, das den W?rmepumpenkreislauf mit verschiedenen Gemischvarianten simuliert. ?Wir haben bestehende thermodynamische Modelle zur Funktion von W?rmepumpen erweitert, indem wir neben den Komponenten der W?rmepumpe auch die Zusammensetzung des Gemisches in die Optimierung integriert haben?, erkl?rt Dennis Roskosch, Senior Scientist in Bardows Forschungsgruppe.
Das Modell der Forschenden greift dabei auf über 200 Millionen bekannte synthetische Moleküle zurück und simuliert, mit welchem Gemisch aus zwei Molekülen die W?rmepumpe am effizientesten funktioniert.
Erste Partner für Pilotanlage
Nachdem die Forschenden das optimale K?ltemittelgemisch gefunden hatten, testeten sie es erfolgreich im W?rmepumpenlabor der OST – Ostschweizer Fachhochschule. . ?Wir konnten nachweisen, dass unser Gemisch wie vorhergesagt die Effizienz einer am Markt erh?ltlichen industriellen W?rmepumpe um bis zu 25 Prozent steigert?, sagt Professor Stefan Bertsch, der Leiter des W?rmepumpenlabors. Zudem zeigten die Forschenden, wie sich verschiedene Zusammensetzungen des Gemisches auf den Temperaturverlauf auswirkten.
In einem n?chsten Schritt wollen sie noch konkreter werden und demonstrieren, welches Potenzial ihre Technologie für spezifische, industrielle Anwendungen hat. Besonders interessant dürfte die neue W?rmepumpe für die Lebensmittel-, Pharma- und Chemieindustrie sein, wo zahlreiche Prozesse weniger als 200 Grad erfordern.
Gleichzeitig arbeiten die Forschenden eng mit einigen Herstellern von W?rmepumpen wie MAN Energy Solutions oder Scheco AG und mit Schweizer Industriepartnern wie Lindt zusammen. Der n?chste Schritt ist die Planung und der Bau einer Pilotanlage, um weitere Tests zu erm?glichen.
Literaturhinweis
Brendel L, Bernal S, Widmaier P, Roskosch D, Arpagaus C, Bardow A, Bertsch S. High-Glide Refrigerant Blends in High-Temperature Heat Pumps: Part 1 – Coefficient of Performance, International Journal of Refrigeration, 10. Mai 2024, doi: externe Seite 10.1016/j.ijrefrig.2024.05.005
Serie ?Energiel?sungen für die Schweiz?
Die Schweiz soll bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen auf Netto-??Null reduzieren. Dies erfordert eine fossilfreie Energieversorgung, die auf erneuerbaren und nachhaltigen Energiequellen beruht – eine enorme Herausforderung für das Land. Die ETH Zürich mit seinem Energy Science Center unterstützt die Energiewende in der Schweiz mit konkreten L?sungen aus den Bereichen Forschung, Lehre und Wissenstransfer.
Bereits erschienen:
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