Startklar für den Space-Master

Wie die Vorstellungsrunde in Zurbuchens erster Vorlesung zeigt, haben die Studierenden unterschiedliche Vorbildungen: Da sitzt ein Materialwissenschaftler neben einem Maschinenbauer, die Erdwissenschaftlerin neben einer Physikerin, ein Biochemiker hat einen Computerwissenschaftler als Banknachbarn.

Die Z¨¹gel in der Hand h?lt Geophysiker Simon St?hler: Er ist Studiendirektor des Space-Masters. Seine Aufgabe war und ist es, Zurbuchens Vision umzusetzen, das Curriculum zu entwickeln, sich zu ¨¹berlegen, welche ±Ø²©¹ÙÍø,±Ø²©ÌåÓý mitmachen sollen oder welche neuen Vorlesungen daf¨¹r zu entwickeln sind.

Systeme planen lernen

Im Zentrum des Studiengangs steht das Systems-Engineering. Die Studierenden lernen, welches die wichtigen Subsysteme eines Raumschiffs sind und wie sie zusammenspielen. Aus diesem Verst?ndnis heraus sollen sie ein wissenschaftliches Instrument integrieren und erfassen, wie man darauf basierend das gesamte Raumschiff auslegt. ?Damit f?rdern wir das Systemdenken bei den Studierenden?, sagt St?hler. Zudem sollen die angehenden Systemingenieur:innen lernen, was sie tun m¨¹ssen, wenn das vorgesehene wissenschaftliche Instrument pl?tzlich gr?sser wird, weil die an einer Mission beteiligten Forschenden eine gr?ssere Kamera haben m?chten. ?Sie m¨¹ssen Kosten absch?tzen k?nnen und verhindern, dass diese ausser Kontrolle geraten?, erkl?rt St?hler den Lernansatz.

Dazu m¨¹ssen die Dozierenden den Studierenden auch eine gemeinsame Sprache zwischen Ingenieur:innen und Wissenschaftler:innen vermitteln. ?Wenn die Forschenden sagen, dass sie ein doppelt so grosses Instrument wollen, dann w¨¹nschen sie vielleicht nur eine bessere Aufl?sung, die sich anders erreichen l?sst als mit einem doppelt so grossen Instrument?, sagt St?hler aus eigener Erfahrung: Er war an der InSight-Mission der NASA beteiligt, mit der das Innere des Mars erforscht wurde.

Konkret statt abstrakt

Im Studiengang arbeiten die Studierenden vor allem anhand konkreter Projekte und werden zusammen mit Indus?triepartnern Ger?te f¨¹r Weltraummissionen entwickeln. Mitte September haben deshalb die Studiengangsleiter von Industriepartnern Vorschl?ge f¨¹r Space-Missionen erhalten. Bereits im ersten Semester entwickeln die Studierenden dazu Konzepte, zum Beispiel wie sie mit Radar aus dem All die Schneeh?hen in den Alpen messen k?nnen. Die Studierenden m¨¹ssen auch berechnen, wie gross und teuer ein solcher Satellit w?re.

?Wir wollen keine Theoretiker ausbilden?, sagt Florian Kehl, Dozent am Departement Erd- und Planetenwissenschaften, der ebenfalls im neuen Masterstudiengang unterrichtet. Der Master vermittle Theorie und Praxis. Die N?he zur Wirtschaft und Industrie sei gewollt. ?Wir haben bei Industrieunternehmen nachgefragt, welche Art von Absolventinnen und Absolventen sie brauchen, und darauf aufbauend haben wir den Lehrgang konzipiert?, sagt Kehl.

Zudem sollen die Studierenden ¨C auch das ist eine Neuerung in diesem Studiengang ¨C in interdisziplin?ren Gruppen an diesen Projekten arbeiten. ?Wir m?chten nicht, dass am Ende Teams aus nur Maschinenbauern oder nur Erdwissenschaftlerinnen etwas entwickeln?, so Kehl.

Wachsendes Interesse

Nicht nur Studierende von Schweizer Hochschulen spricht der neue Studiengang an, es besteht auch ein grosses internationales Interesse am Space-Master der ETH. ?Wir haben bereits jetzt Dutzende von Interessenten aus dem Ausland?, sagt St?hler. ?Wir erhalten sogar Anfragen von Studierenden jener Hochschulen, die traditionell Luft- und Raumfahrttechnik anbieten, wie Mailand, Toulouse oder M¨¹nchen.? Im November ?ffnete sich das Anmeldefenster international.

St?hler weist aber darauf hin, dass der ETH-Studiengang anders ausgerichtet ist als diejenigen in Toulouse, M¨¹nchen oder Mailand. ?Hier bilden wir niemanden aus, der sich ausschliesslich mit Raketentriebwerken besch?ftigt. An der ETH gibt es keine entsprechenden Professuren.?

ARIS als Vorbereitung

Einer der ausgew?hlten Studierenden ist Maximilian Leeb. Er hat zwei Bachelorabschl¨¹sse in Chemie und in Maschinenbau. Jetzt will er im Bereich Space Systems durchstarten. Am neuen Studiengang interessiert ihn vor allem der Systemgedanke. Er sch?tzt es, dass nicht nur Theorie, sondern viel praxisnahes Wissen vermittelt wird. Dem pflichtet seine Kommilitonin Chlo¨¦ Pilloud bei: ?Ich erhoffe mir, dass wir viele neue Dinge ¨¹ber den aktuellen Stand der Space-Branche lernen, jedoch auch ein Gef¨¹hl daf¨¹r bekommen, wie sie sich weltweit entwickelt.?

Ihre Passion f¨¹r die Raumfahrt gelebt hat Pilloud im Verein ARIS, dessen Pr?sidentin sie derzeit ist. ?Momentan lerne ich bei ARIS viel in meiner Funktion als Pr?sidentin. ARIS gibt mir die M?glichkeit, mich in dieser Rolle weiterzuentwickeln und mich dabei selbst kennenzulernen.? Sie k?nne hier ihren pers?nlichen F¨¹hrungsstil entwickeln, was sie auch im Masterstudium anwenden k?nne. ?Weil wir dort ebenfalls viele Projekte durchf¨¹hren, teilweise bereits mit der Industrie, m¨¹ssen wir den ?berblick ¨¹ber die technischen Aspekte haben, aber auch die F¨¹hrung eines Projekts d¨¹rfen wir nicht vergessen.?

Auch Maximilian Leeb hat ARIS-Erfahrung: W?hrend seines Chemiestudiums hat er bei ARIS angefangen und ist bis zum Maschinenbau-Bachelor dabeigeblieben. In dieser Zeit hat er an der Entwicklung eines hybriden Raketentriebwerks und an mehreren Raketen mitgearbeitet. Raumfahrtinte?ressierten Studierenden kann er daher ein Engagement bei ARIS empfehlen. ?Es ist nicht so wichtig, aus welcher Fachrichtung jemand kommt, um bei ARIS mitzumachen. Jeder, der sich f¨¹r Raumfahrt begeistert, ist willkommen?, betont er. ?Dieses Engagement hat mir sehr viel gebracht, nicht nur im Hinblick auf das Space-Masterstudium.?

Allerdings d¨¹rfe man vor lauter Begeisterung f¨¹r die Arbeit im Verein das Studium nicht vernachl?ssigen. ?Viel Engagement bei einem Verein wie ARIS kann sich negativ auf die Noten auswirken. Dessen muss man sich bewusst sein?, gibt Leeb zu bedenken.

Ein konkretes Berufsziel haben er und seine Studienkollegin Pilloud noch nicht. Wo er in f¨¹nf Jahren sein werde, kann Leeb noch nicht sagen: ?Ich sehe mich in einem Bereich, der mit Aerospace zu tun hat, wo ich mein Wissen im Systems-Engineering anwenden kann. Das interessiert mich am meisten, und das vermittelt Thomas Zurbuchen grossartig.? Und Pilloud? ?Ich tr?ume davon, Astronautin zu werden ¨C ich hoffe, dass mir dieses Studium dabei hilft, diesen Traum eines Tages wahr zu machen.?