Aus Schaum gedruckte Keramik
ETH-Forschende haben mithilfe eines additiven Fertigungsverfahrens ein ?usserst por?ses Keramik-Bauteil gedruckt. Ein solches Material mit einem 3D-Drucker herzustellen, ist ein Kunststück.
Die Doktorandin Carla Minas aus der Gruppe für Komplexe Materialien von ETH-Professor André Studart hat ein hoch por?ses und dennoch ?usserst robustes Keramikmaterial geschaffen. Sie hat dieses mit einem additiven Fertigungsverfahren ?gedruckt?. Die Kunst dabei war es, eine stabile Keramikemulsion als ?Tinte? zu verwenden, die w?hrend und nach dem Drucken nicht in sich zusammenf?llt. Mit dieser Technik lassen sich komplexe por?se Strukturen herstellen, wie sie auch in der Natur in der Form von Knochen oder Kieselalgen vorzufinden sind.
Das Verfahren sowie den resultierenden Keramikschaum haben die Materialforschenden soeben in der Fachzeitschrift ?Advanced Materials? ver?ffentlicht.
Mit ?l und Küchenmixer zum druckbaren Schaum
Für das 3D-Drucken verwendete die Forscherin eine Emulsion beziehungsweise einen Schaum, der aus einer w?ssrigen L?sung, Keramik-Partikeln aus Aluminiumoxid (Al2O3) und bestimmten Zus?tzen besteht. Beim Schaum sind die Bl?schen mit Luft gefüllt, bei der Emulsion mit ?ltr?pfchen. Sowohl den Schaum als auch die Emulsion k?nnen die Forschenden zum Drucken verwenden. Die beiden Formen führen aber zu unterschiedlichen Porengr?ssen.
Schon früher entwickelten Forschende in Studarts Labor die dem Verfahren zugrunde liegende Suspension. Daraus stellte Minas unter Zugabe von ?l und durch kr?ftiges Rühren eine Emulsion her. Dabei entstanden ?ltr?pfchen verschiedener Gr?sse, welche von Keramikteilchen umgeben sind. Die Keramikteilchen wurden dabei so ver?ndert, dass sie sich bevorzugt an der Oberfl?che der Tr?pfchen befinden. Dieser Mantel aus Partikeln stabilisiert die Tr?pfchen und verhindert deren Verschmelzen mit benachbarten Tr?pfchen. Ein hoher Anteil von ?l erzeugt ein dichtes Netzwerk aus stabilisierten Tr?pfchen. Das Keramikgerüst verhindert ausserdem, dass die Porenstruktur beim Trocknen und Brennen zerst?rt wird.
Viskosit?t nimmt mit ?l- und Partikelgehalt zu
Dieses Netzwerk ist die Grundlage für die spezifischen Fliesseigenschaften, die für das 3D Drucken ben?tigt werden. Auch l?sst sich die Tr?pfchengr?sse und damit der künftige Porenraum einstellen. ?Dies h?ngt von der Viskosit?t der Masse ab. Je gr?sser der Partikel- und der ?lgehalt, desto viskoser wird die Keramikemulsion und desto kleiner werden die Tr?pfchen?, erkl?rt Minas.
Als weiteren Zusatz verwendete sie Polyvinylalkohol (PVA), ein kurzes Polymer. Auch dieses lagerte sich bevorzugt an der Grenzfl?che von ?l und Wasser an und verdr?ngte dabei Partikel aus dem Keramikmantel, der die Tr?pfchen umgibt. Die PVA-Moleküle wirken als Platzhalter für haarfeine Kan?le, welche benachbarte Tr?pfchen miteinander verbinden.
Mit Direct Ink Writing (DIW), einer verbreiteten additiven Fertigungstechnik, druckte die Materialforscherin schliesslich mit der Keramik-Emulsion eine dreidimensionale Gitterstruktur. Diese wurde bei Raumtemperatur getrocknet und anschliessend im Brennofen bei 1600°C geh?rtet. Beim Trocknen verdampfte das ?l, das Brennen vernichtete die PVA-Moleküle und verdichtete den Keramikmantel um die Poren. Ein hartes Keramikgerüst blieb zurück, bei dem die Porenstruktur des Schaums perfekt erhalten bliebt.
Poren verbinden Poren
Das Keramikgerüst weist Poren in bis zu drei Gr?ssenordnungen auf: Die gr?ssten Poren werden durch die Gitterstruktur mit einer frei w?hlbaren Maschenweite gebildet. Die ?ltr?pfchen erzeugen die n?chste Stufe von Poren, und die kleinsten Poren entstehen durch das PVA. Der Porenanteil betr?gt bis zu 95 Prozent des Materialvolumens. Dennoch ist das Material mechanisch ?usserst robust, wie Belastungstests zeigen.
?Bisher wurden Gitterstrukturen, deren Filamente keine Poren haben, ebenfalls als Schaum bezeichnet?, sagt André Studart. Ihre Struktur sei aber wirklich por?s, da jedes Filament selbst por?s sei und die Poren wiederum durch Poren miteinander verbunden seien. ?Für solche Materialien gibt es natürliche Vorbilder: Knochen, Bambus oder Holz sind nach einem vergleichbaren Prinzip aufgebaut?, sagt der ETH-Professor.
Das Prinzip des 3D-Druckens von keramisch stabilisierten Emulsionen und Sch?umen kann nicht nur für Aluminiumoxid, sondern auch verschiedene andere Keramiken genutzt werden. Die Forscherin konnte zudem in einem Druckvorgang mehrere ?Tinten? kombinieren. Dadurch konnte sie komplexe Strukturen mit unterschiedlichen Materialteilungen herstellen. Je nach Anwendung k?nnen so das Material und dessen Struktur optimiert werden, um eine m?glichst hohe Leistung zu erzielen.
Geeignet für die Industrie
Das Ziel dieser Forschungsarbeit war, ein Material zu schaffen, das bei minimalem Materialaufwand eine maximale mechanische Festigkeit hat; Eigenschaften, die Leichtbau-Materialen haben müssen. Dank der hohen Porosit?t ist darüber hinaus ein maximaler Durchfluss durch eine Struktur mit grosser Oberfl?che m?glich. Keramikstrukturen, die mit dieser Methode hergestellt werden, würden sich deshalb gut für Anwendungen als Katalysator in der chemischen Industrie, in der Biomedizin oder im Energiesektor eignen.
Für letzteren haben Studarts Forschende diesen Keramikschaum auch entwickelt: Das IBM Research Center in Rüschlikon (ZH) erforscht derzeit intensiv M?glichkeiten, Restw?rme zum W?rmen und Kühlen von H?usern zu verwenden, ohne dabei weitere Energie zu ben?tigen. Dazu werden Materialien gebraucht, die hoch effizient Wasser aufnehmen k?nnen und dabei W?rme abgeben. Das Drucken von Emulsionen oder Sch?umen erm?glicht die optimale Architektur eines solchen Materials.
Das Projekt wurde im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 70 (NFP 70) ?Energiewende – Energy Turnaround? durchgeführt, an dem Studarts Gruppe beteiligt ist.
Literaturhinweis
Minas C, Carnelli D, Tervoort E, Studart AR. 3D Printing of Emulsions and Foams into Hierarchical Porous Ceramics: Advanced Materials, 2016. doi: externe Seite 10.1002/adma.201603390