Lymphgefässe tragen unerwartet zur Ausbreitung von Krebsmetastasen bei
Lymphgef?sse tragen aktiv dazu bei, dass sich Krebsgeschwulste von verschiedenen Organen aus im K?rper ausbreiten k?nnen. Diese unerwartete Erkenntnis ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Forschenden der ETH Zürich und des Universit?tsspitals Zürich im Rahmen der Forschungsinitiative Skintegrity.
Forschende der ETH Zürich haben zusammen mit Medizinern des Universit?tsspitals Zürich und der Universit?t Zürich einen neuen Mechanismus entdeckt, wie sich Krebszellen im K?rper von M?usen und Menschen von Organ zu Organ ausbreiten k?nnen. Eine unerwartet aktive Rolle spielen dabei die Lymphgef?sse. Diese transportieren Gewebeflüssigkeiten und haben neueren Forschungsergebnissen zufolge eine wichtige Rolle für das Immunsystem.
?Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass die Lymphgef?sse die Ausbreitung von Krebs nicht nur bei Prim?rtumoren verst?rken, sondern auch dann, wenn der Tumor bereits in weiter entfernten K?rperteilen auftritt?, sagt Qiaoli Ma, Doktorandin am ETH-Institut für Pharmazeutische Wissenschaften und Erstautorin der im Online-Wissenschaftsmagazin ?Science Advances? ver?ffentlichten Studie.
Prim?rtumore sind b?sartige Krebsgeschwulste, von denen aus sich die Krebszellen ausbreiten und zur Bildung weiterer Krebsgeschwulste in entfernteren K?rperteilen führen. Diese Krebsgeschwulste, die Gewebe oder Organe befallen k?nnen, nennt man Metastasen.
Lymphgef?sse verst?rken Ausbreitung
Für Prim?rtumore hat die Forschungsgruppe von Michael Detmar, Professor für Pharmacogenomics, zu der Qiaoli Ma geh?rt, schon externe Seite in einer früheren Arbeit nachgewiesen, dass sich der Krebs nicht nur über die Blutbahnen, sondern auch über neugebildete Lymphgef?sse ausbreiten kann. ?Die ?berraschung der aktuellen Studie war, dass die Lymphgef?sse eine verst?rkende Rolle spielen, wenn sich die Metastasen nicht vom Prim?rtumor, sondern von anderen Organen aus absiedeln?, sagt Detmar.
Ein erstes Ergebnis erhielten die ETH-Forschenden anhand anonymer Daten von Hautkrebs-Patienten des Universit?tsspitals Zürich, die sie zusammen mit den Forschungsgruppen von Reinhard Dummer, UZH-Professor für Dermatologie an der Medizinischen Fakult?t und Stv. Klinikdirektor der Dermatologischen Klinik des Universit?tsspitals Zürich, und Mitchell Paul Levesque, UZH-Professor für Experimentelle Hautkrebsforschung und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Dermatologischen Klinik, auswerteten.
Anhand der Daten von Patienten, die an einem Melanom erkrankt waren, stellten sie fest, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der sich Metastasen von Organ zu Organ verbreiten, mit der Dichte und dem Wachstum der Lymphgef?sse in der metastasierten Lunge zusammenhing. Je mehr Lymphgef?sse die Lunge enthielt, umso mehr wuchsen die Tumore auch in entfernten Organen. Zudem sanken die ?berlebenschancen der Patienten. Die Tumorzellen nutzen also die Lymphgef?sse und deren Wachstum, um sich im K?rper auszubreiten.
Für Haut- und Brustkrebs belegt
Diesen Zusammenhang konnten die Forschenden in Mausmodellen überprüfen und belegen. Die Mausmodelle stammen von Krebsforschenden der Universit?t von Kalifornien in San Francisco. Alle Experimente dieser Studie hat die Kantonale Ethikkommission Zürich bewilligt.
?Mit Hilfe von Mausmodellen mit erh?hter Lymphgef?ssdichte in der Lunge stellten wir sowohl für Haut- als auch für Brustkrebs fest, dass sich vermehrt metastatische Tumorzellen im Gewebe und in den Lymphknoten der Lunge befanden, und dass ein gr??eres Wachstum von Lymphgef?ssen in Lungenmetastasen und eine gr?ssere Verbreitung in anderen Organen zusammenh?ngen?, sagt Qiaoli Ma.
Die Dichte der Lymphgef?sse kann somit Anhaltspunkte geben, um den Verlauf einer fortgeschrittenen Krebserkrankung zu prognostizieren. Detmar denkt an ein – noch zu entwickelndes – bildgebendes Verfahren, dass die Lymphgef?ssdichte abbildet.
Noch weiter in der Zukunft liegt ein allf?lliger Therapie-Ansatz: ?Neuere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine h?here Dichte an Lymphgef?ssen den Abbau von Tumoren durch das Immunsystem erschwert. M?glicherweise k?nnte die Unterdrückung dieser Funktion der Lymphgef?sse zur Behandlung von Krebs beitragen?, sagt Detmar
Erfolg der Forschungsinitiative Skintegrity
Die aktuelle Studie entstand im Rahmen der Forschungsinitiative Skintegrity. Bei diesem institutionenübergreifenden Flaggschiffprojekt bündeln insgesamt 26 Forschungsgruppen der ETH, der Universit?t Zürich und der universit?ren Spit?ler von Zürich ihr Fachwissen, ihre Expertise und die Infrastruktur, um gemeinsam wichtige medizinische Fragestellungen rund um die Haut anzugehen.
?Unsere Studie ist ein Erfolgsbeispiel für die enge Zusammenarbeit von Grundlagenforschenden der ETH mit Klinikern der Universit?t und des Universit?tsspitals Zürich?, sagt Detmar. Für die Studie nutzen Ma und Detmar auch die Biobank mit Biopsieproben und isolierten Hautzellen, die im Rahmen von Skintegrity aufgebaut und von Levesque und Dummer geleitet wird.
Die gemeinsame Expertise der pharmazeutischen Grundlagenforschenden und der klinischen Mediziner war n?tig, um die Daten aufzubereiten und auszuwerten. ?Skintegrity hat den Rahmen für die Forschungszusammenarbeit geschaffen und damit diese Studie erm?glicht?, sagt Detmar.
Literaturhinweis
Ma Q, Dieterich L C, Ikenberg K, Bachmann S B, Mangana J, Proulx S T, Amann V C, Levesque M P, Dummer R, Baluk P, McDonald D M, Detmar M: Unexpected contribution of lymphatic vessels to promotion of distant metastatic tumor spread. Science Advances, 08 Aug 2018, Vol. 4, no. 8, eaat4758. doi: externe Seite 10.1126/sciadv.aat4758