Crispr-Methode revolutioniert

Forschende der ETH Zürich entwickelten die bekannte Crispr/Cas-Methode weiter. Es ist nun erstmals m?glich, Dutzende, wenn nicht Hunderte von Genen in einer Zelle gleichzeitig zu ver?ndern.

Gennetzwerke
Gene und Proteine in Zellen wechselwirken auf vielf?ltige Weise miteinander. Jeder Punkt repr?sentiert ein Gen, die Verbindungen ihre Interaktionen. Mit der neuen Methode lassen sich erstmals ganze Gennetzwerke in einem Schritt biotechnologisch beeinflussen. (Grafik: ETH Zürich / Carlo Cosimo Campa)

Crispr/Cas ist in aller Munde. Mit dieser biotechnologischen Methode lassen sich in Zellen verh?ltnism?ssig einfach und schnell einzelne Gene pr?zise entfernen, ersetzen oder ver?ndern. Darüber hinaus k?nnen Forschende seit wenigen Jahren mit auf Crispr/Cas basierenden Technologien auch die Aktivit?t einzelner Gene gezielt erh?hen oder reduzieren. Die entsprechenden Methoden haben sich innert kürzester Zeit sowohl in der biologischen Grundlagenforschung als auch in angewandten Bereichen wie der Pflanzenzüchtung weltweit durchgesetzt.

Bisher konnten Forschende mit der Methode meistens nur ein Gen aufs Mal ver?ndern, in seltenen F?llen gelang es auch gleichzeitig zwei, drei oder in einem Einzelfall sieben Gene simultan zu ver?ndern. Randall Platt, Professor am Departement für Biosysteme der ETH Zürich in Basel, und sein Team haben nun jedoch einen Ansatz entwickelt, mit dem sich – wie sie in Experimenten zeigten – gleich 25 Stellen innerhalb des Genoms einer Zelle gleichzeitig ver?ndern lassen. Und damit nicht genug. Diese Zahl lasse sich noch weiter steigern, auf Dutzende bis sogar Hunderte von Genen, sagt Platt. Jedenfalls habe die Methode ein riesiges Potenzial für die biomedizinische Forschung und die Biotechnologie. ?Dank diesem neuen Werkzeug k?nnen wir und andere Wissenschaftler nun umsetzen, wovon wir früher nur tr?umten.?

Zellen gezielt und massiv umprogrammieren

Gene und Proteine wechselwirken auf vielf?ltige Weise miteinander und bilden Netzwerke. Solche Netzwerke von Dutzenden von Genen erm?glichen die zellul?re Vielfalt in einem Organismus. Sie sind zum Beispiel verantwortlich für die Differenzierung von Vorl?uferzellen in Nerven- oder Immunzellen. ?Mit unserer Methode k?nnen wir erstmals ganze Gennetzwerke in einem Schritt gezielt ver?ndern?, sagt Platt.

Zudem ist es m?glich, damit Zellen auf komplexe Weise und in massivem Umfang zu programmieren: Man kann damit die Aktivit?t von bestimmten Genen erh?hen und jene von anderen Genen reduzieren. Auch der Zeitpunkt einer solchen Aktivit?ts?nderung l?sst sich genau steuern.

Interessant ist das beispielsweise in der Grundlagenforschung, um zu ergründen, warum sich verschiedene Zelltypen unterschiedlich verhalten, oder um komplexe genetische Erkrankungen zu erforschen. Ebenso für die Zellersatztherapie, bei der gesch?digte mit gesunden Zellen ersetzt werden. Hierbei k?nnen Forschende die Methode verwenden, um Stammzellen in ausdifferenzierte Zellen wie Nervenzellen oder insulinproduzierende Betazellen zu verwandeln, oder umgekehrt, um aus ausdifferenzierten Hautzellen Stammzellen herzustellen.

Cas-Enzym mit doppelter Funktion

Für die Crispr/Cas-Methode sind ein Enzym namens Cas und ein kleines RNA-Molekül n?tig. Dessen Abfolge an RNA-Bausteinen dient als ?Adressetikette?, um das Enzym punktgenau an seinen vorgesehenen Wirkungsort auf den Chromosomen zu lenken. Die ETH-Wissenschaftler haben ein Plasmid geschaffen (ein ringf?rmiges DNA-Molekül), auf dem die Bauinformation des Cas-Enzyms liegt sowie – aneinandergereiht – die Bauinformationen einer Vielzahl von RNA-Adressmolekülen, also quasi eine l?ngere Adressliste. In ihren Experimenten führten die Forschenden dieses Plasmid in menschliche Zellen ein und zeigten damit, dass sich so gleich mehrere Gene ver?ndern und regulieren lassen.

Für die neue Technik verwendeten die Wissenschaftler nicht das Enzym Cas9, das bei bisherigen Crispr/Cas-Methoden meist zum Einsatz kommt, sondern das verwandte Enzym Cas12a. Letzteres kann nicht nur Gene ver?ndern, sondern gleichzeitig aus der langen ?RNA-Adressliste? einzelne ?Adressetiketten? zuschneiden. Ausserdem kommt Cas12a mit kürzeren RNA-Adressmolekülen aus als Cas9. ?Und je kürzer diese adressierenden Sequenzen sind, desto mehr davon kann man auf ein Plasmid packen?, sagt ETH-Professor Platt.

Literaturhinweis

Campa CC, Weisbach NR, Santinha AJ, Incarnato D, Platt RJ: Multiplexed genome engineering by Cas12a and CRISPR arrays encoded on single transcripts. Nature Methods, 12. August 2019, doi: externe Seite 10.1038/s41592-019-0508-6

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