Schlüsselübergabe auf dem Früebüel
Der Umbau und die Erweiterungen der landwirtschaftlichen Forschungsstation Früebüel, Walchwil (ZG), konnten trotz des Lockdowns fast termingerecht abgeschlossen werden. Die Forschungskooperation AgroVet-Strickhof, die von der ETH Zürich, der Universit?t Zürich und dem Strickhof getragen wird, verfügt damit an ihren vier Standorten über moderne Forschungs- und Bildungsinfrastrukturen.
Erholungssuchende auf dem Zugerberg haben es schon gemerkt: Auf dem ehemaligen Gutsbetrieb Früebüel hat sich einiges getan. Die landwirtschaftliche Bildungs- und Forschungsplattform AgroVet-Strickhof hat in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich in den vergangenen zwei Jahren Stallungen, Betriebsgeb?ude und Gehege umgebaut und erweitert. Nun sind die Bauarbeiten, fast drei Jahre nach Erteilung der Baubewilligung durch den Kanton Zug, abgeschlossen.
Die neuen Einrichtungen auf dem Früebüel werden für die Forschung an Aufzuchtrindern, Mutterkühen, Schafen und Damwild genutzt. Bewirtschaftet wird der erweiterte AgroVet-Strickhof-Standort vom Kooperationspartner Strickhof. Das Früebüel bietet sich dabei aufgrund seiner H?henlage auf 1000 m.ü.M an, um spezifische Fragestellungen im Zusammenhang mit Betrieben im Voralpen- und Berggebiet (Maiens?ss) zu bearbeiten. Im Sommer ziehen die Tiere zur S?mmerung auf die Alp Weissenstein am Albulapass (GR), ebenfalls ein Forschungsstandort von AgroVet-Strickhof.
Forschen werden hier in erster Linie die Kooperationspartner von AgroVet-Strickhof, insbesondere die ETH-Professuren aus den Tierwissenschaften, der Pflanzen?kologie und den Graslandwissenschaften. Letztere betreiben auf dem Früebüel seit 2005 eine Messstation, etwa um Stoffflüsse inklusive Treibhausgase von mittelintensiv genutztem Grünland zu erfassen.
Anlage erlaubt intensivere Forschung
?Wir freuen uns sehr, in dieser zeitgem?ssen und grosszügigen Anlage unsere Forschung weiterführen und ausbauen zu k?nnen?, sagt Melissa Terranova, die seit 1. April 2020 Forschungsleiterin von AgroVet-Strickhof ist. ?Die Anlage entspricht voll und ganz unseren Anforderungen, um die Nutztierforschung in der Schweiz voranzubringen.? Dank des Ausbaus des Standortes k?nne nun intensiver als bisher geforscht werden.
Auch Ulrich Weidmann, Vizepr?sident für Infrastruktur der ETH Zürich freut sich über den Abschluss der Bauarbeiten. ?Wir sind glücklich darüber, dass wir mit diesem anspruchsvollen Projekt das Ausbauprogramm für die Kooperation AgroVet-Strickhof erfolgreich abschliessen und auch den Betrieb dieses Standorts in die H?nde der AgroVet-Strickhof-Verantwortlichen legen k?nnen?.
Die Abteilung Immobilien der ETH war verantwortlich für die Planung und Umsetzung des Bauvorhabens. Die Planungs- und Baukosten betragen knapp 13 Mio. Franken.
Grosse Unterstützung durch Gemeinde und Kanton
?Ich m?chte mich bei der Standortgemeinde Walchwil, der Regierung und der Verwaltung des Kantons Zug und den interessierten Verb?nden für die gute Zusammenarbeit bedanken?, sagt Weidmann weiter. ?Ohne ihre grossartige Unterstützung h?tten wir das Früebüel nicht auf den für Spitzenforschung n?tigen Standard modernisieren k?nnen.?
So sieht es auf dem Früebüel aus
Neue Gehege und ?kologischer Ausgleich
Der Grossteil der baulichen Massnahmen entf?llt auf Um- und Erweiterungsbauten: Ein alter Stall wurde mit einem Laufstall für die Mutterkuhhaltung erweitert, der ehemalige Milchviehstall zu einem Schafstall umgebaut. Modernisiert und ausgebaut wurde insbesondere auch die Laborinfrastruktur, damit Forscherinnen und Forscher Probenmaterial direkt vor Ort bearbeiten und analysieren k?nnen. Neu gebaut wurden ein Winterunterstand für Damwild mit umfangreichen Gehegen sowie eine Remise mit dem Feuerwehrdepot Berg der Gemeinde Walchwil (ZG).
Die Fl?che, welche die neuen Gehege einnehmen, wurde von der ETH Zürich auf dem Gel?nde des Früebüels mit ?kologischen Aufwertungen ausgeglichen. So wurden unter anderem Wiesenfl?chen an feuchten Standorten extensiviert, neue Hecken gepflanzt sowie Kraut- und Wiesens?ume angelegt. Aufgewertet und extensiviert wurden auch rund 300 Meter Waldrand. All diese Vernetzungselemente dienen als Verbindungskorridore für Wildtiere und umfassen eine Fl?che von insgesamt 4,5 Hektar.
Forschungsschwerpunkt Nutztiere
?Der Forschungsschwerpunkt liegt klar bei den Nutztierwissenschaften und ihrem Platz in einer nachhaltigen, standortangepassten Landwirtschaft?, erkl?rt Susanne Ulbrich, Professorin für Tierphysiologie an der ETH Zürich. Am Beispiel von Schafen der Rasse Schwarzbraunes Bergschaf und Mutterkühen der Rasse Schweizer Original Braunvieh untersuchen die Forschenden etwa, wie sich die Fütterung auf den Stoffwechsel der Tiere auswirkt.
Susanne Ulbrich selbst leitet eine Studie mit Rehen. Diese Huftiere werden nur selten in Gehegen gehalten und erforscht. Ulbrichs besonderes Interesse gilt der Keimruhe beim Reh, der sogenannten embryonalen Diapause. ?Mehr Kenntnisse über diesen speziellen Vorgang sind bedeutend, um grundlegende Entwicklungsvorg?nge bei Nutztieren zu verstehen?, sagt die ETH-Professorin. ?Wir untersuchen, was Embryonen für eine gesunde Entwicklung ben?tigen. Zudem suchen wir neue Kenngr?ssen, um gesunden Stress von solchem Stress unterscheiden zu k?nnen, der Tieren schadet?. Nebst den physiologischen Studien werden die Forschenden auch Verhaltensstudien durchführen.
Alle Forschungsvorhaben mit Tieren werden unter Einhaltung strenger Tierschutzrichtlinien durchgeführt. Jedes Vorhaben muss zuvor durch das kantonale Veterin?ramt bewilligt werden.
Einzigartiger Ansatz
Melissa Terranova betont, dass die Bildung und Forschung von AgroVet-Strickhof auf dem Früebüel von nationalem und internationalem Interesse sei. ?Neben AgroVet-Strickhof gibt es in der Schweiz keine universit?re Bildung und Forschung, die direkt mit der Berufsbildung und der landwirtschaftlichen Praxis vernetzt ist. Diese Kooperation ist daher einzigartig und systemrelevant?, sagt sie.
AgroVet-Strickhof – Ausbildung und Forschung in der Landwirtschaft
Der ehemalige Gutsbetrieb Früebüel ist einer von vier Forschungs- und Bildungsstandorten, die AgroVet-Strickhof zusammen mit der ETH Zürich, der Universit?t Zürich und dem Strickhof, dem Kompetenzzentrum in Agrar-, Lebensmittel- und Hauswirtschaft, betreibt. Weitere Standorte sind Lindau-Eschikon (ZH), Wülflingen (ZH) und die Alp Weissenstein (GR). Alle vier Standorte decken somit die für die Schweizer Landwirtschaft relevanten H?henstufen von 500 bis 2500 m.ü.M. ab.
Geschichte des Früebüels
1943 erwarb der Bund den Gutsbetrieb zum Ausbau und zur Nutzung als Milit?rstrafanstalt, übertrug ihn dann 1989 zu Forschungszwecken an die ETH Zürich. 2017 übernahm der Strickhof im Rahmen der Kooperation AgroVet-Strickhof die Betriebsführung. Im November desselben Jahres erhielt die Bauherrschaft grünes Licht für den Ausbau, der ab 2014 in Planung war. Mehr Informationen externe Seite hier.