Wie die Venusfliegenfalle auch noch zuschnappt
Die fleischfressende Venusfliegenfalle ist bekannt dafür, dass ihre Fangbl?tter blitzartig zuklappen, sobald ein Beutetier ihre Sinneshaare zweimal in Folge berührt. Ein Team von Forschern der ETH Zürich und der Universit?t Zürich hat nun einen neuen Schnappmechanismus entdeckt.
Die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) ist die wohl bekannteste fleischfressende Pflanze. Sie f?ngt ihre Beute, vorwiegend Spinnen und Insekten, mit Hilfe eines ausgeklügelten Schnappmechanismus. Ihre r?tlichgrünen Fangbl?tter besitzen je drei sehr empfindliche Sinneshaare pro Blatth?lfte. Diese Haare reagieren auf feinste Berührungen und senden elektrische Impulse aus, die sich rasch über das ganze Blatt ausbreiten. Krabbelt etwa eine Fliege über das Fangblatt und l?st innert kurzer Zeit zwei Impulse aus, schnappt die Falle blitzartig zu.
Neuer Ausl?ser entdeckt
Die physiologischen Reaktionen, die dem Fangmechanismus zugrunde liegen, werden seit mehr als 200 Jahren erforscht. Eine Erkenntnis hat sich dabei herauskristallisiert: Jede genügend starke Berührung eines Sinneshaares l?st einen elektrischen Impuls aus. Bei zwei Impulsen innerhalb von 30 Sekunden klappen die Blatth?lften zusammen.
Nun zeigen Robotik- und Baustoffforscher der ETH Zürich zusammen mit Kollegen vom Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universit?t Zürich UZH auf, dass dies nicht der einzige Ausl?semechanismus ist: Entgegen der g?ngigen Ansicht reicht auch eine einzelne, langsame Berührung eines Sinneshaares aus, um zwei Impulse und damit das Zuschnappen der Fangbl?tter auszul?sen. Das berichten die Forscher in einer gemeinsamen Studie, die soeben im Fachjournal externe Seite Plos Biology erschienen ist.
Mit Mikrorobotik und Modell
In einem ersten Schritt ermittelte das interdisziplin?re Wissenschaftlerteam, welche Kr?fte n?tig sind, um den Schnappmechanismus der Venusfliegenfalle einzuleiten. Dazu nutzte es extrem empfindliche Kraftsensoren und pr?zise Mikrorobotik-Systeme, die von der Gruppe von Co-Letztautor Bradley Nelson am ETH-Institut für Robotik und Intelligente Systeme entwickelt wurden. Diese erlauben es, die Sinneshaare mit genau definierter Geschwindigkeit um einen exakten Winkel auszulenken und die entsprechenden Kr?fte zu messen. Die Experimente haben die bisherige Theorie best?tigt: Werden die Parameter so gew?hlt, dass sie in etwa der Berührung durch ein klassisches Beutetier entsprechen, sind zwei Berührungen notwendig, um die Falle auszul?sen.
Aus den gewonnenen Daten haben Forschende um Ingo Burgert am ETH-Institut für Baustoffe ein mathematisches Modell entwickelt, das die Grenzbereiche für Auslenkwinkel und Auslenkgeschwindigkeit berechnet, bei denen der Schnappmechanismus in Gang gesetzt wird.
?Interessanterweise zeigte das Modell, dass bei langsamer Auslenkgeschwindigkeit pro Berührung zwei elektrische Impulse ausgesendet werden, und die Falle folglich zuschnappen müsste?, sagt Ueli Grossniklaus, Direktor des Instituts für Pflanzen- und Mikrobiologie der UZH und ebenfalls Co-Letztautor. Die Vorhersage des Modells konnten die Wissenschaftler dann auch experimentell best?tigen.
Langsame Beutetiere fangen
Im offenen Zustand sind die Blatth?lften der Venusfliegenfalle gekrümmt und stehen unter Spannung – ?hnlich wie eine gespannte Blattfeder. Das Ausl?sesignal führt zu einer geringfügigen ?nderung der Blattkrümmung, worauf die Falle schlagartig zusammenklappt. Verantwortlich für die elektrischen Impulse sind Ionenkan?le in der Zellmembran, die geladene Teilchen aus der Zelle heraus-beziehungsweise in die Zelle hineintransportieren.
Die Forscher nehmen an, dass die Ionenkan?le so lange ge?ffnet bleiben, wie die Membran unter mechanischer Spannung steht. Geschieht die Auslenkung langsam, fliessen genügend Ionen, um mehrere Impulse auszul?sen, was die Falle zuschnappen l?sst. M?glicherweise dient der neu entdeckte Ausl?semechanismus der Venusfliegenfalle dazu, Beutetiere wie Larven oder Schnecken zu fangen, die sich nur langsam bewegen.
Dieser Beitrag basiert auf einer externe Seite Medienmitteilung der Universit?t Zürich.
Literaturhinweis
Burri J, Saikia E, L?ubli N, Vogler H, Wittel F, Rüggeberg M, Herrmann H, Burgert I, Nelson B, Grossniklaus U. A single touch can provide sufficient mechanical stimulation to trigger Venus flytrap closure. PLOS Biology. 10 July 2020. DOI: externe Seite 10.1371/journal.pbio.3000740