Luftdichte Maissäcke gegen Hunger während der Covid-Pandemie
Optimierte Getreidespeicher auf den Bauernh?fen erh?hen die Nahrungsmittelsicherheit in Subsahara-Afrika. Das zeigt eine ETH-Untersuchung in Kenia w?hrend der Covid-Pandemie.
Für viele Kleinbauern südlich der Sahara wird es gegen Ende der sogenannten Magersaison prek?r. Das ist die Zeit, wenn die letzte Ernte schon l?nger zurückliegt, die n?chste aber erst bevorsteht. Die Vorr?te gehen zur Neige - nicht nur weil sie verzehrt werden, sondern auch durch Sch?dlinge. Im Westen Kenias, wo überwiegend Mais angebaut und auf dem eigenen Hof gelagert wird, verdirbt rund ein Viertel der ganzen Ernte auf diese Weise. Zieht sich die Magersaison in die L?nge, schnellen die Lebensmittelpreise in die H?he. Es droht Hunger.
Offensichtlich k?nnte eine verbesserte Lagerung der Ernte die Nahrungsmittelsicherheit verbessern. In einem mehrj?hrigen Forschungsprojekt der ETH Zürich, der Universit?t Zürich und dem kenianischen Forschungsinstitut icipe wird zurzeit untersucht, was sich durch den Einsatz neuer Technologien ?ndert. Dabei erhielten einige Tausend Kleinbauern-Haushalte Ende 2019 luftdicht verschliessbare Vorratss?cke, die Pilzbefall verhindern sollen, sowie Schulungen durch das Forschungsteam. Eine Kontrollgruppe lagerte den Mais weiterhin in herk?mmlichen Polypropylen-S?cken. Speziell ist die verwendete Umfragemethode. Da Kenia wie viele afrikanische L?nder eine sehr hohe Handy-Durchdringung hat, k?nnen die Bauern in kurzen Zeitabst?nden regelm?ssig per SMS zu ihrer Nahrungsmittelsituation befragt werden.
Resistenter gegen den Covid-Schock
In den technologisch aufgerüsteten Bauernd?rfern wurden nach dem Ausbruch der Covid-Pandemie weniger knapp als in jenen der Kontrollgruppe. Denn Covid-19 und die damit verbundenen Restriktionen stellten für Subsahara-Afrika einen ?konomischen Schock dar. Die Regierung schloss Marktpl?tze, beschr?nkte die Mobilit?t der Bev?lkerung, und die Kinder wurden in den Schulen nicht mehr gratis verpflegt.
Die in der Fachzeitschrift ?Global Food Security? vorab ver?ffentlichte Studie zeigt, dass eine konsequente Verwendung hermetisch dichter Vorratss?cke die Landbev?lkerung deutlich krisenresistenter gemacht h?tte. In der untersuchten kenianischen Provinz mit 1,6 Millionen Einwohnern waren bereits vor dem Ausbruch der Pandemie rund 600'000 Personen von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen, gem?ss einer Hochrechnung der Untersuchungsergebnisse. Durch das Virus kamen 120'000 Menschen dazu. H?tten die Bauern in der ganzen Provinz konsequent hermetisch dichte Vorratss?cke verwendet, w?ren es 70'000 Menschen weniger gewesen.
Das Forschungsteam wird unter anderem von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und ETH for Development (ETH4D) unterstützt. Der am Projekt beteiligte ETH-Politikwissenschafter Thomas Bernauer erkl?rt, die Forschung habe im Kampf gegen den Hunger bisher vor allem bei der Produktion angesetzt, also bei der Steigerung der Ernteertr?ge. Die Untersuchung in Kenia zeige, dass auch in der Phase nach der Ernte viel Potenzial liege. Eine weitere Erkenntnis sei, dass auch der Einsatz günstiger Technologien viel zur Ern?hrungssicherheit beitrage, und dies selbst unter extremen Bedingungen wie nach dem Ausbruch der Pandemie.
Deutlich effizienter als finanzielle Unterstützung
Pro Haushalt kosten die luftdichten Vorratss?cke inklusive Schulung n?mlich nur rund 20 Dollar. Das ist erheblich weniger als eine direkte finanzielle Unterstützung, wie der Vergleich mit einer anderen Studie aus Kenia zeigt. Bei dieser wurde eine zuf?llige Auswahl von Kleinbauernhaushalten pauschal mit 500 US-Dollar unterstützt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen waren, sank dadurch um etwa 5 bis 10 Prozentpunkte. Das ist ?hnlich viel wie bei den Empf?ngern der hermetischen S?cke, aber zu deutlich h?heren Kosten.
Neben den epidemiologischen Risiken, zu denen nebst Covid-19 in jüngster Zeit auch Ebola z?hlte, bedroht auch der Klimawandel die Ern?hrungssicherheit südlich der Sahara. Die laufende Untersuchung in Kenia zeigt, dass mit einer besseren Technologie ausgestattete Haushalte deutlich weniger Nachernteverluste erleiden und damit auch resistenter gegen klimainduzierte Nahrungsmittelkrisen sind.
Weshalb braucht es ein ETH-Projekt, damit kenianische Bauern ihren Mais in luftdichten S?cken zu lagern beginnen? Thomas Bernauer vermutet, dass auch bei einem trivialen Technologiesprung zuerst ein Adaptionsprozess in Gang kommen müsste, eventuell durch Informationskampagnen oder Anschubfinanzierungen. Das sei aber nicht Teil dieses Forschungsprojekts. Jedoch haben die Weltern?hrungsorganisation FAO und das Weltern?hrungsprogramm der Uno starkes Interesse an den Ergebnissen gezeigt.
Literaturhinweis
Huss M, Brander M, Kassie M, Ehlert U, Bernauer T: Improved storage mitigates vulnerability to food-supply shocks in smallholder agriculture during the COVID-19 pandemic, Global Food Security, January 2021. DOI: externe Seite 10.1016/j.gfs.2020.100468
ETH for Development
ETH for Development (ETH4D) ist eine interdisziplin?re Initiative aus über 30 Forschungsgruppen der ETH Zürich mit dem Ziel, technologische Innovation für eine nachhaltige Entwicklung nutzbar zu machen und zukünftige Führungskr?fte für eine nachhaltige Entwicklung auszubilden. ETH4D unterstützt kollaborative Projekte von Forschenden der ETH Zürich mit Partnern aus dem Globalen Süden zur Armutsbek?mpfung.
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