Kettenlänge bestimmt Molekülfarbe
Forschende der ETH Zürich entwickelten fluoreszierende Polymere, deren Fluoreszenzfarbe auf einfache Weise fein eingestellt werden kann. Je nach ihrer L?nge scheinen die Polymere in einer unterschiedlichen Farbe. Zu den Einsatzm?glichkeiten geh?ren die Biomedizin, der Sicherheitsdruck und die Solarenergie.
Organische, also Kohlenstoff enthaltende Moleküle, die nach entsprechender Anregung farbiges Licht aussenden, werden derzeit weltweit intensiv erforscht und entwickelt. Treiber dieses Forschungsfelds sind die Bildschirmindustrie sowie die Entwicklung biomedizinischer Bildgebungsverfahren. W?hrend bei organischen Fluoreszenzfarbstoffen bisher pr?zise Farbabstufungen meist durch das Mischen verschiedener Moleküle erzielt worden sind, haben ETH-Forschende nun einen Ansatz entwickelt, bei dem durch chemische Anpassungen in einem Molekül eine Palette verschiedenster Farben erzeugt werden kann.
Die Wissenschaftler unter der Leitung von Yinyin Bao, Gruppenleiter in der Gruppe von ETH-Professor Jean-Christophe Leroux, nutzten dazu fluoreszierende organische Polymere. Diese Polymere muss man sich als unterschiedlich lange bewegliche Ketten vorstellen. ?Die Ketten sind symmetrisch aufgebaut, und zwei Komponenten darin tragen zur Fluoreszenz bei?, erkl?rt Bao. ?Zum einen ist das eine Komponente in der Mitte der Kette, wir nennen das den Fluorophor, zum anderen eine Komponente, die an den beiden Kettenenden je einmal vorkommt?. Zwischen dem Fluorophor in der Kettenmitte und den Kettenenden liegen Glieder, deren Anzahl und Struktur die Wissenschaftler variieren k?nnen. Wenn die Polymerkette so gebogen ist, dass eines ihrer Enden in die N?he des Fluorophors zu liegen kommt und die Kette gleichzeitig mit UV-Licht bestrahlt wird, fluoresziert sie.
Distanz beeinflusst Wechselwirkung
Die Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass die Fluoreszenzfarbe nicht nur von der Struktur der Kettenglieder und -enden abh?ngt, sondern auch von der Anzahl der Kettenglieder. ?Für die Fluoreszenz dieser Polymere ist die Wechselwirkung von Kettenende und Fluorophor verantwortlich?, erkl?rt Bao. ?Die Distanz der beiden Komponenten beeinflusst die Wechselwirkung und somit die emittierte Farbe.?
In einer ?lebende Polymerisation? genannten Methode k?nnen die Forschenden die Zahl der Kettenglieder bestimmen. Dabei h?ngen sie in einem langsamen Prozess nach und nach Bausteine an die Kette an. Ist die Wunschl?nge erreicht, k?nnen die Wissenschaftler den Prozess beenden und das Kettenende-Molekül anfügen. Auf diese Weise stellten die Forschenden Polymere mit unterschiedlichen Farben her: Mit weniger als 18 Bausteinen fluoreszieren die Moleküle gelb, mit 25 Kettengliedern grün und mit 44 oder mehr Gliedern blau. ?Die Besonderheit ist, dass diese unterschiedlich leuchtenden Polymere alle aus den exakt gleichen Bestandteilen zusammengesetzt sind. Der einzige Unterschied ist die Kettenl?nge?, betont Bao.
OLED mit grossem Farbumfang
Das Forscherteam, darunter auch Wissenschaftler der Gruppe von ETH-Professore Chih-Jen Shih sowie vom Royal Melbourne Institute of Technology in Australien, ver?ffentlichte seine Arbeit in der Fachzeitschrift externe Seite Science Advances. Derzeit k?nnen die Forschenden fluoreszierende Polymere nur in den Farben Gelb, Grün und Blau herstellen. Die Wissenschaftler sind aber daran, das Prinzip um weitere Farben auszuweiten, darunter Rot.
Direkt als OLED (organische LED) in Bildschirmen k?nnten die neuen Fluoreszenz-Polymere nicht eingesetzt werden, denn ihre elektrische Leitf?higkeit sei nicht hoch genug, erkl?rt Bao. Denkbar sei aber, die Polymere mit halbleitenden Molekülen zu kombinieren, um damit auf einfache Weise OLED mit einem grossen Farbumfang herzustellen. In Sonnenw?rmekraftwerken (concentrated solar power) k?nnten sie ausserdem das Sonnenlicht effizienter sammeln und somit den Wirkungsgrad der Kraftwerke erh?hen. Die Hauptanwendungsgebiete sieht der ETH-Forscher in Labordiagnostikverfahren, bei denen Fluoreszenz zum Einsatz kommt, beispielsweise in der PCR, sowie in der Mikroskopie und in bildgebenden Verfahren der Zellbiologie und Medizin. Weitere Anwendungsfelder w?ren Sicherheitsmerkmale auf Banknoten, Zertifikaten oder in Reisep?ssen.
Literaturhinweis
Ye S, Tian T, Christofferson AJ, Erikson S, Jagielski J, Luo Z, Kumar S, Shih CJ, Leroux JC, Bao Y: Continuous color tuning of single-fluorophore emission via polymerization-mediated through-space charge transfer. Science Advances, 7. April 2021, doi: externe Seite 10.1126/sciadv.abd1794