Pandemiemanagement durch Abwasseranalysen

Abwasseranalysen liefern Hinweise auf die Verbreitung von Krankheiten in der Bev?lkerung – ein wichtiges Instrument für das Monitoring des weiteren Verlaufs der Pandemie.

Drei Forscher entnehmen Wasserproben in einer Kläranlage
Forscher bei der Probenentnahme in der Kl?ranlage Werdh?lzli, Zürich. Quelle: Eawag/Esther Michel

Wie k?nnen wir nach zwei Jahren Pandemie und dem Wegfall von Corona-Massnahmen die Lage im Griff behalten? Eine massgebliche Indikation zur Situation liefern die Abwasseranalysen. Das Abwasser zeigt unabh?ngig von der Anzahl gemachter Tests ziemlich genau, wie hoch die Virenlast in der Bev?lkerung ist und welche Virusvarianten vorherrschen. ?Diese sind für das Einzugsgebiet einer Kl?ranlage wirklich repr?sentativ, da sie ein Abbild der gesamten Bev?lkerung dieser Region geben,? erkl?rt Niko Beerenwinkel, Professor am Departement für Biosysteme der ETH Zürich in Basel.

Abwasseranalysen sind für das Einzugsgebiet einer Kl?ranlage repr?sentativ, da sie ein Abbild der gesamten Bev?lkerung dieser Region geben.?Niko Beerenwinkel

Nebst der aktuellen Virenlast l?sst sich mit den Abwasserproben auch die Ausbreitung verschiedener Virusvarianten verfolgen. So konnte zum Beispiel die Virusvariante Omikron in der Schweiz schon nachgewiesen werden, als wir glaubten, sie existiere erst in Südafrika. Weiter liefern die Analysen einen Hinweis auf die Dynamik der einzelnen Varianten, wie sie sich im Verh?ltnis zueinander entwickeln und wie übertragbar sie sind. All das unterstützt die Beh?rden bei der Einsch?tzung der Situation und wenn es darum geht, allenfalls neue Massnahmen zu ergreifen.

Die Technologie für die Identifikation der Virenvarianten wurde in Zusammenarbeit zwischen Forschern der ETH Zürich, ETH Lausanne und der EAWAG entwickelt. Für die Bestimmung der Virenvarianten muss die RNA sequenziert werden, was eine Herausforderung ist, denn die Virus RNA im Abwasser zerf?llt mit der Zeit. Die Bioinformatiker des Departements Biosysteme der ETH Zürich haben deshalb einen speziellen Algorithmus entwickelt, der hilft, aus den Schnipseln der RNA im Abwasser die Virusvarianten zu erkennen. 

Drei Flaschen mit Wasserproben
Quelle: Eawag / Andri Bryner

Die entnommenen Proben werden im Labor analysiert.

Die Faktoren Zeit und Umwelt

So nützlich und aussagekr?ftig die Abwasseranalysen sind, gibt es auch Herausforderungen. Umweltfaktoren wie starker Niederschlag und Chemikalien k?nnen die Konzentration von Corona-RNA-Molekülen im Abwasser beeinflussen und die Resultate verf?lschen. Auch das Virus selbst hat sich als tückisch erwiesen: Bei Omikron war der Anstieg der Virenlast nicht so steil wie aufgrund der Fallzahlen erwartet. Christoph Ort von der EAWAG vermutet aufgrund weniger vorhandener Studien, dass dies auf die etwas geringere Virenlast der Infizierten und kürzeren Infektionsdauer von Omikron zurückzuführen ist. Eine stetige Anpassung der Algorithmen seitens der Forscher und Forscherinnen ist deshalb unabdingbar.

Derzeit ist der Faktor Zeit ebenfalls ein gewisser Nachteil. Es dauert mindestens zwei Wochen von der Entnahme der Probe bis zu den Analyseergebnissen. Ein grosses Wunschziel von Christoph Ort w?re, dereinst die Virenerreger und Krankheiten direkt auf der Kl?ranlage zu messen. Derzeit ist die ETH dabei, den oben erw?hnten Prozess zu automatisieren und ihn dadurch deutlich zu beschleunigen.

Regelm?ssiges Monitoring für die Gesundheit

Die mehrheitlich positiven Erfahrungen mit Abwasseranalysen der vergangenen zwei Jahre veranlassten das Bundesamt für Gesundheit (BAG), das Abwassermonitoring zum festen Bestandteil der Gesundheitsüberwachung zu machen. Zurzeit wird in sechs Kl?ranlagen das Abwasser auf das Coronavirus analysiert. Bis Ende Jahr sollen es deren hundert sein, die dann etwa 70% der Schweizer Bev?lkerung abdecken.

Die Wissenschaftssendung externe Seite NANO des Fernsehsenders 3Sat hat zum Thema ?Varianten-Screening im Abwasser? kürzlich einen Beitrag ausgestrahlt.

Professor Niko Beerenwinkel
Quelle: ETH Zürich / Pino Covino

Niko Beerenwinkel, Professor für Computational Biology im Department of Biosystems Science and Engineering der ETH Zürich in Basel. 

Kontakt/Links:

BSSE Departement für Biosysteme: Computational Biology Group

Projekt Webseite: Surveillance of SARS-CoV-2 genomic variants in wastewater – Computational Biology Group | ETH Zurich

ETH News: ?Das Abwasser liefert repr?sentative Daten zu den Virusvarianten? | ETH Zürich

Sind Sie interessiert an weiteren spannenden "News for Industry" Storys?

Abonnieren Sie unseren Newsletter

externe Seite Folgen Sie uns auf LinkedIn

Suchen Sie Forschungspartner an der ETH Zürich? 

Kontaktieren Sie ETH Industry Relations

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert