Unter unseren Füssen

Was liegt unter unseren F¨¹ssen? Aus meiner Kindheit kenne ich die Braunkohleabbaugebiete bei uns im Rheinland. W?hrend der Kohleabbau immer noch weiter vorangetrieben wird, wird die Frage immer dringender, fossile Energietr?ger zu ersetzen. Welche Rolle spielt dabei der Untergrund?

Oberfl?chennahe Erdschichten werden bereits seit der Fr¨¹hzeit von der Industrie f¨¹r die Rohstoffgewinnung genutzt: Sei es f¨¹r den Abbau mineralischer Rohstoffe wie Salze und Metalle, Edelsteine wie Diamanten oder auf der Suche nach fossilen Energietr?gern wie Erdgas, Erd?l, Kohle. In allen diesen F?llen wird vor allem etwas aus der Erde herausgenommen.

Es gibt aber auch den umgekehrten Ansatz, dass man im Untergrund etwas lagern m?chte, wie zum Beispiel unsere radioaktiven Abf?lle oder das Treibhausgas CO2; letzteres mit dem Ziel, dessen weitere Emissionen in die Atmosph?re zu vermeiden.

Nun kommt ein weiterer Typ hinzu, der auch in der Schweiz im Zuge der Klima- und Energiedebatte auch in der Schweiz zunehmend diskutiert wird. Dabei geht es um Technologien, bei denen im weitesten Sinn Wasser in die Erde injiziert wird, um anschliessend Energie aus der Erde zu gewinnen. Zu ihnen z?hlen die Geothermie und die Erdgasf?rderung mithilfe von Fracking.

Mit dem Basler Deep Heat Mining-Projekt und dem St. Galler externe Seite Geothermie-Projekt gab es in der Schweiz bereits zwei grosse, wichtige Pilotprojekte zur Tiefengeothermie (?tief? im Vergleich zu den oberfl?chennahen W?rmepumpen und Erdw?rmesonden). Das Projekt in Basel musste aufgrund der Erdbebenaktivit?t eingestellt werden; in St. Gallen ruht die Arbeit derzeit aus gleichem Grund; zudem wurde aber auch weniger Wasser gef?rdert als angenommen und es gab einen Gasausbruch.

Weitere Untersuchungen m¨¹ssen nun zeigen, wie mit Geothermie umzugehen sei, denn Geothermie ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil der Schweizer externe Seite Energiestrategie 2050. Mit dieser externe Seite Strategie will der Bund unter anderem fossile Energietr?ger und Atomenergie durch die Erschliessung erneuerbarer Energien reduzieren oder ersetzen.

Beim (Hydro-)Fracking (?externe Seite hydrologic fracturing?) wird eine grosse Menge Wasser vermischt mit Chemikalien und einem St¨¹tzmittel (zum Beispiel Sand) in den Untergrund gepresst, um dort gashaltige Tonsteine aufzubrechen und durchl?ssig zu machen. Durch die Risse kann sogenanntes Schiefergas, das ebenso wie konventionelles Erdgas vor allem aus dem sehr klimawirksamen Methan besteht, ausstr?men und gewonnen werden. Schiefergas wird als ?unkonventionelles? Erdgas bezeichnet im Gegensatz zum konventionellen Erdgas, welches in einfacher abbaubaren Lagerst?tten, so genannten Erdgasfallen, vorkommt.

Fracking wird aufgrund m?glicher Risiken politisch wie gesellschaftlich sehr kontrovers diskutiert. Wie bei jeder Technologie k?nnen Argumente daf¨¹r und dagegen angef¨¹hrt werden, und es bedarf eines sorgf?ltigen Abw?gens, ob und welche Technik-, Umwelt-oder Gesundheitsrisiken etc. man f¨¹r welchen Nutzen eingehen m?chte.
An dieser Stelle m?chte ich aber vor allem auf die generelle Gewinnung fossiler Energietr?ger inklusive unkonventioneller Erdgase eingehen.

?ber unseren K?pfen

Der vor wenigen Wochen ver?ffentlichte dritte Teil des Berichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (externe Seite IPCC) l?sst - nicht unerwartet - keinen Zweifel daran, dass wir den Klimawandel nur dann einigermassen einzuschr?nken k?nnen, wenn wir den Anteil an Treibhausgasen in der Atmosph?re reduzieren und den Verbrauch fossiler Energietr?ger radikal senken und schliesslich ganz einstellen.

F¨¹r mich stellt sich daher die ganz elementare Frage, wie das weltweit vermeintlich massive Energiepotenzial der unkonventionellen Gasfelder die Energiewende unterst¨¹tzen kann. Oft wir argumentiert, dass Gas Kohle ersetzen kann und, da es deutlich weniger Treibhausgase enth?lt als Kohle, entsprechend klimafreundlicher sei. In einigen L?ndern k?nnte dies in der Tat einen Vorteil bringen.

Das Beispiel USA zeigt jedoch, dass ein ?berschuss an unkonventionellem Gas nicht zwingend zu einer Reduktion des Kohleabbaus f¨¹hren muss. Stattdessen wird ¨¹bersch¨¹ssige Kohle billig exportiert, was ihren Verbrauch noch steigert. Gleichzeitig wird der Anreiz reduziert, Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien zu f?rdern und auf energieeffiziente Produkte und Verkehrs-, Energie,- Wohn- und Lebensmittelsysteme zu setzen.

Das scheinbare Potenzial des unkonventionellen Gases erreicht in diesem Fall genau das Gegenteil. Eine Steuer auf Kohle h?tte dessen weltweiten Verbrauch wohl reduzieren k?nnen; diese Chance wurde leider nicht genutzt. Die Klimapolitik eines jeden Landes beziehungsweise Abkommen ¨¹ber internationale Klimastrategien spielen also auch eine zentrale Rolle bei der Frage, ob die F?rderung von Schiefergas dem Klima schadet oder ihm n¨¹tzt.

Es ist daher wichtig, sich genau zu ¨¹berlegen, welche Anreize und Ziele wir uns setzen wollen und m¨¹ssen, um unseren Weg zu einer kohlenstoffarmen, ressourceneffizienten und widerstandsf?higen Gesellschaft zu gehen. Wir m¨¹ssen uns also dar¨¹ber klar werden, wie wir unsere Bodensch?tze nutzen wollen, und welche davon wir ¨¹ber unseren K?pfen wiederfinden m?chten; nur dann k?nnen wir beruhigt in eine klimasichere Zukunft gehen.