Ein einziger Laser genügt
Mit Hilfe sogenannter Doppel-Frequenzk?mme lassen sich Umweltgase schnell und pr?zise spektroskopisch untersuchen. ETH-Forschende haben nun eine Methode entwickelt, mit der solche Frequenzk?mme wesentlich einfacher und billiger als bisher erzeugt werden k?nnen.
Laserlicht hat, im Gegensatz zum Licht einfacher Lampen, eine sehr genau definierte Frequenz. Dadurch eignet es sich hervorragend für pr?zise spektroskopische Untersuchungen, in denen die Eigenschaften von Stoffen anhand der Frequenzen bestimmt werden, bei denen sie Licht absorbieren. Für eine komplette spektroskopische Analyse muss man allerdings in der Regel Geduld mitbringen, da die Frequenz des Lasers nach und nach ver?ndert (?gescannt?) werden muss, damit ein vollst?ndiges Spektrogramm entsteht. Physiker an der ETH Zürich unter Leitung von Ursula Keller am Institut für Quantenelektronik haben nun eine wegweisende Methode demonstriert, mit der spektroskopische Untersuchungen in Zukunft einfacher und schneller gemacht werden k?nnten. Dazu entwickelten sie eine neuartige Technik zur Erzeugung sogenannter doppelter Frequenzk?mme. Die Ergebnisse wurden nun im Wissenschaftsjournal ?Science? ver?ffentlicht.
Ein Frequenz-Lineal aus Licht
Anders als ein normaler Laser, der Licht bei einer Frequenz aussendet, weist ein Frequenzkamm eine Vielzahl von Frequenzen in konstantem Abstand voneinander auf – ?hnlich wie die Markierungen auf einem Lineal. M?glich wird dies durch den Einsatz von Lasern, die extrem kurze, periodische Lichtpulse erzeugen. Solche Pulsfolgen haben ein kamm?hnliches Frequenzspektrum, das mit bestimmten optischen Materialien noch breiter aufgef?chert werden kann. Im Jahr 2005 wurde der Nobelpreis für die laserbasierte Pr?zisionsspektroskopie einschliesslich der optischen Frequenzkammtechnik verliehen, zu der Ursula Keller in Zusammenarbeit mit Harald Telle von der PTB Braunschweig im Jahr 1999 die wesentliche Schlüsseltechnologie zur Stabilisierung der optischen Frequenzk?mme lieferte.
Im Prinzip k?nnte man mit einem solchen Frequenzkamm eine Substanz mit vielen Frequenzen gleichzeitig untersuchen. Bei der Spektroskopie mit einem normalen Laser schickt man einen Teil des Lichts durch den zu untersuchenden Stoff, und den anderen Teil benutzt man als Referenz. Nun scannt man die Laserfrequenz stetig und misst zugleich mit Hilfe zweier Photodetektoren, wie stark das Laserlicht von dem Stoff bei verschiedenen Frequenzen im Vergleich zum Referenzstrahl absorbiert wird. Aus dem Frequenzscan ergibt sich dann das für den Stoff charakteristische Spektrogramm. Leider l?sst sich dieses Verfahren aber nicht ganz so einfach auf einen Frequenzkamm anwenden. Zwar würden die verschiedenen, gleichzeitig vorhandenen Frequenzanteile tats?chlich verschieden stark absorbiert. Der Photodetektor k?nnte sie allerdings nicht voneinander unterscheiden. Dazu müsste er die einzelnen, überlagerten Schwingungen des Lichts direkt aufzeichnen, was aber wegen deren hoher Frequenz von mehreren hundert Terahertz (eine Billion Schwingungen pro Sekunde) in der Praxis nicht m?glich ist.
Der Trick des Klavierstimmers
Die von Keller und ihren Mitarbeitenden entwickelte Technik ?übersetzt? diese schnellen, nicht direkt messbaren Schwingungen nun in viel langsamere, die leicht mit herk?mmlicher Elektronik nachgewiesen werden k?nnen. Dabei wird ein Trick eingesetzt, der in ?hnlicher Form auch von Klavierstimmern angewendet wird: Um die verschiedenen Saiten desselben Tons auf die gleiche Stimmung zu bringen, orientiert sich der Klavierstimmer an der Schwebung, die entsteht, wenn sich zwei verschiedene Frequenzen überlagern. Die Schwebung pulsiert mit einer Geschwindigkeit, die der Differenz der beiden überlagerten Frequenzen entspricht.
Die ETH-Forscher wenden eine ganz ?hnliche Methode an, indem sie einen zweiten Frequenzkamm erzeugen, dessen Frequenzen einen etwas anderen Abstand voneinander haben als die des ersten. Dadurch entstehen Frequenzpaare, von denen jedes zu einer leicht unterschiedlichen Schwebungsfrequenz führt. Diese Schwebungsfrequenzen liegen nun im Megahertz-Bereich und k?nnen problemlos mit Photodetektoren gemessen werden.
Zwei Frequenzk?mme zum Preis von einem
Diese Doppelkamm-Spektroskopie gibt es zwar schon seit einigen Jahren, doch mit der nun an der ETH entwickelten Technik wird sie deutlich einfacher und kostengünstiger, wie Sandro Link, Doktorand und Erstautor der Studie, erkl?rt: ?Das eigentlich Neue ist, dass wir die beiden Frequenzk?mme mit nur einem einzigen Laser erzeugen anstatt mit zweien, die dann aufwendig zueinander stabilisiert werden müssten.? Der Trick: Die Forscher setzen einen doppelbrechenden Kristall in einen Laser ein, wodurch das Licht je nach Polarisierung (also Schwingungsrichtung der elektromagnetischen Welle) etwas verschiedene Wege zurücklegt. Die beiden so entstehenden Laserstrahlen weisen dadurch leicht unterschiedlichen Pulsperioden auf, und dadurch entstehen Frequenzk?mme mit verschiedenen Frequenzabst?nden. Da die beiden Frequenzk?mme von demselben Laser erzeugt werden, wird eine gegenseitige Stabilisierung überflüssig.
Schon jetzt zeichnen sich vielf?ltige m?gliche Anwendungen der neuen Technik ab. Da sie ein komplettes Spektrogramm in weniger als einer tausendstel Sekunde erstellen kann, eignet sie sich beispielsweise hervorragend, um die Konzentration von Substanzen in der Umwelt oder in Fabrikabgasen zu messen. Auch schnell str?mende Gase in der Petrochemie k?nnten damit rasch analysiert werden, um beispielsweise Produktionsabl?ufe zu überwachen und zu steuern.
Literaturhinweis
S. M. Link, D. J. H. C. Maas, D. Waldburger, U. Keller. Dual-comb spectroscopy of water vapor with a free-running semiconductor disk laser, Science. doi: externe Seite 10.1126/science.aam7424