Pauli Lectures im Licht der Mikroskopie

Feinste Strukturen sichtbar machen ¨C das ist seit jeher ein Traum von Naturforschenden. Doch der scharfe Blick in lebende Zellen blieb Biologen lange verwehrt. Im Jahr 1873 erkannte Ernst Abbe, dass die Beugung des Lichts der mikroskopischen Aufl?sung eine scheinbar un¨¹berwindbare Grenze setzt: Ein optisches Mikroskop kann lediglich Strukturen unterscheiden, die gr?sser sind als die halbe Wellenl?nge des Lichts, mit dem die Proben beleuchtet werden. Diese Aufl?sungsgrenze galt f¨¹r mehr als ein Jahrhundert als unumst?sslich. Einer, der sich von Abbes Grundgesetz nicht abschrecken liess, ist Stefan W. Hell. Der rum?niendeutsche Physiker hatte sich als junger Forscher vorgenommen, die Beugungsbarriere in der Lichtmikroskopie zu durchbrechen. Das gelang ihm in den 90-er Jahren ¨C mit einem ausgekl¨¹gelten Trick.

Geniestreich im optischen Grenzbereich

?Hell ist ein aussergew?hnlicher Forscher und genialer Erfinder?, sagt Matthias Gaberdiel, Professor f¨¹r theoretische Physik an der ETH Z¨¹rich. ?Er hat als Erster einen Weg gefunden, die Abbesche Aufl?sungsgrenze von Lichtmikroskopen zu umgehen. Dank seiner Methode k?nnen Biologen und Mediziner heute hochaufgel?st in Zellen blicken und Lebensprozesse auf molekularer Ebene studieren.? Gaberdiel organisiert die diesj?hrigen Pauli Lectures und konnte Hell als Referenten gewinnen.

Hell gilt als geistiger Vater und Erbauer einer speziellen Form der Fluoreszenz-Lichtmikroskopie genannt STED (Stimulated Emission Depletion), deren Detailsch?rfe nicht mehr durch die Beugung des Lichts begrenzt ist. Um eben dieser Beugung ein Schnippchen zu schlagen, entwickelte Hell eine Methode, bei der benachbarte fluoreszierende Molek¨¹le mittels zweier Lichtstrahlen auf engstem Raum kontrolliert und zeitlich nacheinander zum Leuchten gebracht werden k?nnen. Im Bild eines klassischen Mikroskops w¨¹rden die beiden Molek¨¹le verschwimmen. Mit Hells Technik lassen sich Bilder gewinnen, die Objekte rund zehnmal h?her aufl?sen als fr¨¹here Verfahren.

Auf diese Weise hat Hell die Lichtmikroskopie revolutioniert. Denn wer bislang in molekulare Dimensionen vordringen wollte, konnte zwar ein Elektronenmikroskop heranziehen, doch lebende Zellen oder Gewebe untersuchen lassen sich damit aufgrund der energiereichen Strahlen nicht.

Leben und Werk eines Laureaten

Hell forscht am Max-Planck-Institut f¨¹r Biophysikalische Chemie in G?ttingen und am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. F¨¹r seine Leistungen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, insbesondere den Nobelpreis f¨¹r Chemie im Jahr 2014, der ihm gemeinsam mit Eric Betzig und William E. Moerner verliehen wurde. Das Departement Physik der ETH Z¨¹rich w¨¹rdigt Hell nun mit der Einladung, die diesj?hrigen Wolfgang-Pauli-Vorlesungen zu halten.

In der ETH-Vorlesungsreihe, die am Montag, 22. Mai beginnt, wird der 54-j?hrige Hell von seinem Weg zum Nobelpreis erz?hlen, spannende Einblicke in die Welt der Mikroskopie gew?hren und neuste Entwicklungen auf seinem Forschungsgebiet pr?sentieren.