Wie ETH-Studentinnen die erste Informatik-Olympiade für Frauen erfanden
N?chste Woche findet die erste europ?ische Informatik-Olympiade für junge Frauen in Zürich statt. ETH-Studierende organisieren den Wettbewerb mit rund 160 Teilnehmerinnen aus 43 L?ndern. Nicht nur das: auch die ursprüngliche Idee und die Initiative für diese Veranstaltung stammen von ihnen.
R?tsel l?sen macht Stefanie Zbinden richtig Spass. Nicht irgendwelche R?tsel, sondern am liebsten knifflige Aufgaben wie sie typischerweise in der Informatik und in der Mathematik vorkommen: ?Das ist unglaublich sch?n zu erleben, wenn man lange Zeit mit einem Problem verbringt und zum Schluss eine elegante L?sung findet?, erz?hlt sie.
Stefanie Zbinden studiert Mathematik an der ETH Zürich und leitet das Organisationskomitee der ersten europ?ischen Informatik-Olympiade für junge Frauen (engl. European Girls’ Olympiad in Informatics EGOI). Diese findet vom 13. bis 19. Juni 2021 in Zürich statt. Besonders hat es ihr die Algorithmik angetan, ein Fachgebiet, das sowohl zur Informatik als auch zur Mathematik geh?rt. Ein Algorithmus ist eine Art Vorgehensregel oder eine Berechnungsstrategie, wie man ein gegebenes Problem so darstellt, dass es sich in überschaubar vielen, wohlstrukturierten Schritten l?sen l?sst.
Im Vergleich zur Mathematik sch?tzt Stefanie Zbinden an der Informatik, dass man mithilfe der Technologie ein zus?tzliches Feedback erh?lt: ?In der Mathematik ist es eher so, dass die L?sung erstmal auf dem Papier besteht. In der Informatik dagegen kann man die Algorithmen mit dem Computer programmieren?, erl?utert sie.
Gesucht sind kreative, eigene L?sungswege
Um das L?sen von Aufgaben geht es auch an der EGOI. Diese ist als Programmierwettbewerb organisiert: Am 16. und 18. Juni finden zwei fünfstündige Prüfungen statt, die aus vier Aufgaben bestehen, die die Teilnehmerinnen mit selbst entwickelten Algorithmen l?sen müssen. Wer dabei besonders viel logisches Denken und Kreativit?t beweist, gewinnt die Gold-, Silber oder Bronzemedaillen. Rund 160 Teilnehmerinnen aus 43 L?ndern haben sich für die EGOI qualifiziert.
Das Schweizer Team besteht aus vier Gymnasiastinnen sowie zwei ETH-Studierenden, die sie betreuen. Als einzige Delegation wird das Heimteam tats?chlich in Zürich programmieren. Aufgrund der Corona-Pandemie wird die EGOI virtuell durchgeführt.
Eine der Schweizer Wettbewerbsteilnehmerinnen ist Ema Skottova vom Gymnasium Kirchenfeld in Bern. Das Pendeln an die ETH kennt sie ebenso wie den Prüfungsdruck. In diesem Jahr schliesst sie die Maturit?tsprüfungen ab. Davor besuchte sie die ETH Math Youth Academy, ein gemeinsames Projekt des ETH-Departements Mathematik und des NFS SwissMAP, das sich an Gymnasiastinnen und Gymnasiasten richtet, die gerne mit den Mitteln der Mathematik kreativ denken. Da habe sie gelernt, wie Beweise zu führen seien, erinnert sich Skottova. Diese Art zu denken gefiel ihr.
Dieselbe Erfahrung machte sie an der Schweizer Informatik-Olympiade und an der Mathematik-Olympiade für M?dchen, an denen sie letztes Jahr Silber und Bronze gewann. Wie Stefanie Zbinden vergleicht sie Informatik und Mathematik mit dem L?sen von R?tseln. Ihr gef?llt es, wie elegant sich bestimmte Probleme mit logischen Argumenten l?sen und nachvollziehen lassen. ?Das Reine und das Logische gef?llt mir?, sagt sie, ?deshalb mag ich Mathematik sehr gerne und sehe das Programmieren als eine Anwendung davon.?
Ihr Programmierverm?gen will sie nun an der Informatik-Olympiade unter Beweis stellen. An den olympischen Prüfungsaufgaben sch?tzt sie, dass es anders als in der Schule vor allem darum geht, einen eigenen L?sungsweg auszudenken.
Die Idee für die EGOI entstand, weil an der Schweizer Informatik-Olympiade für Mittelschülerinnen und Mittelschüler im Durchschnitt weniger als 15 Prozent Frauen teilnehmen. Um daran etwas zu ?ndern, hat eine Gruppe engagierter junger Menschen aus dem Umfeld der Informatik-Olympiade und der ETH die EGOI ins Leben gerufen. ?Die EGOI spricht junge Frauen direkt an, um die Teilnehmerinnen durch Erfolgserlebnisse und den Austausch mit Gleichgesinnten in ihrem Interesse an der Informatik zu ermutigen?, erkl?rt Lara Gafner, die als Kommunikationsbeauftragte des Dachverbands Schweizer Wissenschafts-Olympiaden involviert ist.
Selber programmiert Gafner, die an der ETH Geschichte und Philosophie des Wissens studiert, zwar nicht, aber verwandte Gebiete der Philosophie wie Logik sind ihr vertraut. Selber hat sie an der Philosophie-Olympiade teilgenommen.
Lara Gafner begleitet die EGOI seitens des Dachverbands der Schweizer Wissenschafts-Olympiaden. (Foto: Claudia Christen) EGOI-Organisatorin Stefanie Zbinden mit Teilnehmerinnen des Girl’s Camp der Schweizer Informatik-Olympiade. (Foto: EGOI)
ETH-Studierende entwickeln EGOI-Konzept
?Wissenschafts-Olympiaden gibt es seit über 60 Jahren?, berichtet Gafner, ?die EGOI ist jedoch ein neues Konzept, das ETH-Studierende entwickelt haben, und mit dem wir zur F?rderung von Frauen in der Informatik beitragen wollen.?
Das Vorbild für die EGOI ist die seit 2012 j?hrlich ausgetragene European Girls’ Mathematical Olympiad (EGMO). 2017 fand die EGMO an der ETH und Universit?t Zürich statt. Stefanie Zbinden nahm damals als Schweizer Delegationsleiterin teil. Die EGMO wurde für sie zu einer Erfahrung von bleibender Wirkung: ?Die EGMO war ein mega-cooles Erlebnis, das mir das Selbstvertrauen gab, dass ich in Informatik und Mathematik meinen Weg gehen kann. Entscheidend war, dass ich damals Teil eines Teams war und mich mit anderen Frauen über Mathematik austauschen konnte?, sagt Stefanie Zbinden zurückblickend.
An anderen Wettbewerben hatte die zweifache Silbermedaillengewinnerin erfahren, wie sie als einzige Frau unter M?nnern um Respekt k?mpfen musste. Nach der EGMO keimte ihr der Gedanke, dass es eine Olympiade für junge Frauen in der Informatik geben müsste. Zuerst war das ein Gedankenexperiment. Zu gross schien ihr ein solches Vorhaben. Doch vor rund zwei Jahren nahm das Projekt EGOI Fahrt auf, als weitere ETH-Studierende aufsprangen und sie sowohl die Schweizer als auch die internationalen Wissenschafts-Olympiaden ins Boot holen konnten.
Heute umfasst das Organisationskomitee neun Studierende, Doktorierende und Alumni der ETH. Ausserdem unterstützen rund 40 weitere Personen, unter ihnen ein Professor, die EGOI, und das Departement Informatik (D-INFK) steuerte 50'000 Schweizer Franken bei. An der Er?ffnungszeremonie tritt ETH-Rektorin Sarah Springman auf und an der Abschlussfeier mit Rangverkündigung vom 19. Juni ETH-Informatikprofessorin Olga Sorkine-Hornung.
Für Stefanie Zbinden ist derweil klar:
?Informatik ist für Frauen und für M?nner. Wir k?nnen das genauso.?Stefanie Zbinden
Weitere Informationen
- externe Seite call_made Webseite European Girls' Olympiad in Informatics 2021 (EGOI)
- externe Seite call_made Schweizer Initiative erm?glicht erste europ?ische Informatik-Olympiade für junge Frauen (Medienmitteilung EGOI, 07.06.2021)
- externe Seite call_made 5 gute Gründe für die European Girls’ Olympiad in Informatics (EGOI) (News, 31.05.2021)
- externe Seite call_made Triff die Schweizer EGOI-Delegation (News, 22.03.2021)
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