Grünes Licht für schönere Displays

Chemieingenieure der ETH Zürich haben zum ersten Mal ultrareines grünes Licht erzeugt. Ihre neue Leuchtdiode ebnet den Weg, um die Farbqualit?t einer n?chsten Generation von ultrahochaufgel?sten Bildschirmen für TV und Smartphones sichtbar zu verbessern.

Vergr?sserte Ansicht: ETH-Chemiker haben mit einer Leuchtdiode das bisher reinste Grün erzeugen können. Für TV-Bildschirme ist das eine gute Nachricht. (Bild: Sudhir Kumar / ETH Zürich)
ETH-Chemiker haben mit einer Leuchtdiode das bisher reinste Grün erzeugen k?nnen. Für TV-Bildschirme ist das eine gute Nachricht. (Bild: Sudhir Kumar, Jakub Jagielski / ETH Zürich)

Chih-Jen Shih ist richtig zufrieden. Ihm ist ein Durchbruch gelungen. ?Ein so reines grünes Licht wie wir kann zurzeit niemand sonst erzeugen?, sagt der Professor für Technische Chemie in seinem Labor auf dem 必博官网,必博体育 H?nggerberg. Dabei zeigt er auf eine ultradünne, biegbare Leuchtdiode (LED). Tats?chlich zeigte diese in einem feinen, hellen Grünton die drei Lettern ?ETH? an.

Bedeutsam wird Shihs Entwicklung besonders im Hinblick auf die n?chste Generation von ultrahochaufgel?sten Displays, wie sie namentlich für Fernseher und Smartphones gebraucht werden: Damit die Bildschirme in naher Zukunft noch klarere, sch?rfere, detailreichere und farblich fein abgestufte Bilder anzeigen k?nnen, müssen die entsprechenden elektronischen Ger?te zuerst einmal ultrareines Rot, Blau und Grün erzeugen k?nnen. Für Rot und Blau ist das heute weitgehend m?glich. Beim Grün hingegen stiess die Technik bisher an Grenzen.

Das hat vor allem mit der menschlichen Wahrnehmung zu tun: Das Auge unterscheidet bei Grün mehr Zwischenstufen als bei Rot und Blau. ?Das macht die technische Erzeugung von ultrareinem Grün sehr anspruchsvoll und fordert uns in der Technologie- und in der Materialentwicklung?, sagt Sudhir Kumar, der Erstautor der entsprechenden Publikation.

Zu 99 Prozent ultrareines Grün

Wie weit Shih und sein Team mit ihrem ultrareinen Grün die Tür für eine n?chste Generation von Displays aufgestossen haben, offenbart der Blick auf den geltenden internationalen Standard ?Rec.2020?: Dieser definiert weltweit die technischen Anforderungen an ultrahochaufgel?ste Bildschirme (kurz: ?Ultra HD?) und stellt damit auch einen Rahmen für die weitere Forschung und Entwicklung dar. Zu den Anforderungen geh?rt auch eine deutliche und fürs blosse Auge ersichtliche Verbesserung der Farbqualit?t. Dazu sieht der Standard vor, die Farbskala, die ein Bildschirm widergeben kann, und damit die Zahl der farblichen Abstufungen zu erweitern.

Ultrareines Grün spielt zur Erweiterung des Farbbereichs, des sog. Gamuts, eine Schlüsselrolle. Schliesslich entstehen die neuen Farbt?ne, indem man die drei Grundfarben Rot, Blau und Grün technisch miteinander mischt. Je reiner die Grundfarben ausfallen, umso weiter wird der F?cher der Farbt?ne, die ein Bildschirm anzeigen kann. Shihs neue LED deckt 97 bis 99 Prozent des ?Rec. 2020?-Standards ab. Zum Vergleich: die farblich reinsten TV-Bildschirme, die heute auf dem Markt erh?ltlich sind, erreichen den Wert für ultrareines Grün zu 73,11 bis 77,72 Prozent. ?ber 80 Prozent kommt keiner.

Kostengünstig produzierbare LED-Technologie

Dieses Ergebnis, an dem auch Wendelin Stark, ETH-Professor für Funktionelles Material-Engineering, sowie Forschende aus Südkorea und Taiwan mitwirkten, ist in der aktuellen September-Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift ?Nano Letters? erschienen. Dabei bezieht sich Shihs Durchbruch nicht allein auf das Ergebnis, sondern auch auf das verwendete Material und auf das Verfahren: Tats?chlich haben Shih und seine Mitarbeiter eine ultradünne und biegbare Leuchtdiode entwickelt, die sich mit einfachen Prozessen bei Raumtemperatur herstellen l?sst und dabei reines grünes Licht aussendet.

Das sei der zweite, mindestens so wichtige Aspekt seines Durchbruchs, sagt Shih. Bisher waren n?mlich Hochtemperaturprozesse n?tig, wenn man reines Licht mit der LED-Technologie erzeugen wollte. ?Indem wir den gesamten Prozess bei Raumtemperatur umsetzen k?nnen, ebnen wir einen Weg, wie die Industrie in Zukunft ultragrüne Leuchtdioden einfach und kostengünstig herstellen kann?, sagt Jakub Jagielski, ebenfalls Erstautor des Artikels in den ?Nano Letters?.

Im konkreten Fall haben Shih und sein Team Nanomaterialien verwendet, um die LED-Technologie weiterzuentwickeln: Leuchtdioden enthalten in der Regel einen Halbleiterkristall, der, wenn man elektrischen Strom zuschaltet, einen Teil der Elektrizit?t in Licht umwandelt und dieses ausstrahlt. Als Ausgangsmaterial wird dafür meistens Indiumgalliumnitrid (InGaN) verwendet. Dieses Material hat jedoch nicht die besten Eigenschaften, um wirklich hochreines grünes Licht zu erzeugen.

Aus diesem Grund setzte Sihs Team auf Perowskit. Dieses Mineral wird auch zur Herstellung von Solarzellen eingesetzt und kann Elektrizit?t vergleichsweise effizient in Licht umwandeln. Ausserdem ist es kostengünstig und tr?gt dazu bei, dass der Herstellungsprozess einfach und schnell funktioniert – nach nur einer halben Stunde sei Perowskit chemisch gereinigt und einsatzbereit, sagt Shih.

Winzigste 4,8 Nanometer dünn ist das Perowskit-Material in Shihs Leuchtdiode. Das ist ein wichtiger Faktor, denn die Farbqualit?t h?ngt mit der Dicke und Form des verwendeten Nanokristalls zusammen. Vereinfacht gesagt, heisst das: die Kristalle sollten weder dicker noch dünner sein, um genau das erwünschte reine Grün zu erzielen.

Diese flexiblen, ultradünnen Leuchtdioden sind so biegbar wie ein Blatt Papier. Deshalb liessen sie sich kostengünstig und schnell mit bestehenden Rolle-zu-Rolle-Verfahren oder im Tintenstrahldruck herstellen, sagt Shih und erg?nzt, mit Blick auf eine künftige industrielle Produktion sei das von Vorteil.

N?chster Schritt: Effizienz steigern

Bis zu einer ersten industriellen Anwendung der ultragrünen Leuchtdiode wird es trotz allem noch eine Weile dauern. In einem n?chsten Schritt muss Shih zuerst die Effizienz seiner Leuchtdiode steigern. Heute erzielt sein LED bei der Umwandlung von Elektrizit?t zu Licht eine Effizienz von 3 Prozent. Zum Vergleich: TV-Bildschirme, die heute schon auf dem Markt sind, erreichen eine Effizienz von 5 bis 10 Prozent. In der n?chsten Version seiner Leuchtdiode will Shih deshalb eine Effizienz von 6 bis 7 Prozent erzielen. Weiteres Steigerungspotenzial sieht Shih auch bei der Lebensdauer seiner Leuchtdiode: Heute leuchtet sie über zwei Stunden lang. Marktg?ngige Bildschirme sollten aber jahrelang funktionieren. Die Erfindung wurde zum Patent angemeldet. 

Literaturhinweis

Kumar S, Jagielski J, Kallikounis N, Kim Y-H, Wolf C, Jenny F, Tian T, Hofer CJ , Yu-Cheng Chiu Y-C, Wendelin JS, Lee T-W , Shih C-J. Ultrapure Green Light-Emitting Diodes Using Two-Dimensional Formamidinium Perovskites: Achieving Recommendation 2020 Color Coordinates. Nano Letters, 3. August 2017 (Web), doi: externe Seite 10.1021/acs.nanolett.7b01544

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